Zusammenfassung
Morbus Crohn ist eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung multifaktorieller unklarer Genese. Betroffene entwickeln meist im Alter von 15 bis 35 Jahren erste Symptome. Während ein diskontinuierlicher Befall des gesamten Gastrointestinaltrakts möglich ist, stellt das terminale Ileum einen besonders typischen Manifestationsort dar. Klinisch zeigen sich insb. Durchfälle, Gewichtsverlust und rechtsseitige Unterbauchschmerzen. Weiterhin kann es auch zu extraintestinaler Manifestation mit Augen-, Gelenk- oder Hautbeteiligung kommen. Die Diagnosestellung ist meist schwierig, da kein nachweisendes Standardverfahren zur Verfügung steht. Anamnese, klinische Untersuchung, Labordiagnostik, Bildgebung, Endoskopie und Histologie müssen gesammelt betrachtet werden.
Therapeutisch steht im akuten Schub die lokale oder systemische Gabe von Glucocorticoiden im Vordergrund. Um langfristig den Bedarf an Glucocorticoiden zu senken, erfolgt je nach Krankheitsintensität eine Remissionserhaltung mit Biologicals / Small Molecules oder konventionellen Immunsuppressiva. Da es bei der Erkrankung häufig zur Ausbildung von Fisteln, Abszessen und Stenosen kommt, müssen eventuelle infektiös bedingte Komplikationen auch antibiotisch abgedeckt und gegebenenfalls chirurgisch saniert werden. Eine Heilung ist jedoch durch den unregelmäßigen Befall des gesamten Gastrointestinalsystems im Gegensatz zur Colitis ulcerosa nicht möglich. Ziel der Therapie ist deswegen das Verhindern einer Progredienz und eines Wiederauftretens entzündlicher Schübe.
Für pädiatrische Inhalte siehe: Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen im Kindes- und Jugendalter
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Epidemiologie
- Inzidenz: 7 Fälle/100.000 Personen pro Jahr
- Prävalenz: Etwa 320 Fälle/100.000 Personen [1]
- Alter: Erstmanifestation häufig zwischen 15 und 35 Jahren
- Geschlecht: ♀ > ♂ [2]
Morbus Crohn ist nach der Colitis ulcerosa die häufigste chronisch-entzündliche Darmerkrankung in Deutschland! [3]
Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die epidemiologischen Daten auf Deutschland.
Ätiologie
- Multifaktorielle Genese: Risikofaktoren u.a.
- Genetische Prädisposition: Zahlreiche Gene bekannt, insb. das NOD2-Gen [4]
- Rauchen
- Gestörtes Darmmikrobiom: Reduzierte Diversität und veränderte Zusammensetzung durch insb.
- Ernährung, Adipositas
- Medikamente (z.B. vorangegangene Antibiotikatherapie)
Rauchen ist ein wichtiger vermeidbarer Risikofaktor für Morbus Crohn. Daher ist ein Rauchstopp besonders bedeutsam!
Klassifikation
Montreal-Klassifikation des Morbus Crohn
Montreal-Klassifikation des Morbus Crohn (nach Silverberg et al.) [5] | ||
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Kriterium | Bezeichnung | Beschreibung |
Alter bei Diagnose |
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Befallsmuster |
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Verhalten |
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Pathophysiologie
- Störung der Darmepithelbarriere
- Verminderte Fähigkeit bestimmter Zellen zur Bakterienerkennung und -bekämpfung
- Veränderte Schleimschicht auf Darmmukosa
- Gesteigerte Permeabilität des Darmepithels (sog. „Leaky Gut“)
- Dysregulation des Immunsystems
- Veränderte Zusammensetzung des Darmmikrobioms (Dysbiose) → Überwucherung mit pathogenen Keimen → Eindringen von Bakterien in das Darmepithel (u.a. aufgrund der intestinalen Schrankenstörung) → Auslösung einer Entzündungsreaktion mit lokaler Gewebeschädigung (Erosionen/Ulzera, Nekrosen)
Symptomatik
Verlauf
- Schubförmig: 1-Jahres-Risiko für erneuten Schub ca. 30%
- Chronisch aktiver Verlauf: Persistenz der Symptome über 6 Monate
Intestinale Symptomatik
- Chronische, meist unblutige Diarrhö
- Tenesmen
-
Rechtsseitige Unterbauchschmerzen (Hauptlokalisation: Terminales Ileum und rechtsseitiges Kolon)
- Oft den Symptomen einer Appendizitis ähnelnd
- Evtl. subfebrile Temperaturen
- Konglomerattumor im Unterbauch
- Bei Beteiligung des oberen Gastrointestinaltrakts: Übelkeit, Erbrechen, epigastrische Schmerzen
- Intestinale Stenosen und Strikturen
- Intestinale Fisteln (bei 35% aller Patient:innen)
- Anale und perianale Manifestationen
- Perianale Fisteln (10–30% bei Erstdiagnose)
- Anorektale Abszesse
- Fissuren, Marisken, (peri‑)anale Ekzeme
Analfisteln und anorektale Abszesse können erste Symptome des Morbus Crohn sein!
Malabsorptionssyndrom
- Gewichtsverlust
- Leistungsabfall, Müdigkeit
- Wachstumsstörungen bei Kindern
- Variable Symptomatik, je nach betroffenem Darmabschnitt, z.B.
- Osteopenie durch Vitamin-D-Mangel
- Perniziöse Anämie durch Vitamin-B12-Mangel (Für weitere Hypovitaminosen siehe: Vitamine - Klinische Anwendung)
- Chologene Diarrhö durch Gallensäureverlustsyndrom
Morbus Crohn kann infolge chronischer Entzündung und Resorptionsstörungen zu einem ausgeprägten Mangel an Makro- und Mikronährstoffen führen. Neben Allgemeinsymptomen der Mangelernährung können spezifische Symptome in Abhängigkeit der betroffenen Nährstoffe auftreten!
Extraintestinale Symptomatik bei Morbus Crohn
- Anämie
- Gelenke: Enteropathische Arthritis
- Arthralgien
-
Arthritiden
- Axiale Spondylarthritis: Sakroiliitis, Spondylitis (häufig HLA-B27-positiv, Übergang in ankylosierende Spondylitis möglich)
- Periphere Spondylarthritis: Enthesitis und Arthritis peripherer Gelenke, Daktylitis [7]
- Auge: Episkleritis, seltener anteriore Uveitis, Skleritis
- Leber/Gallengänge
- Steatohepatitis
- Primär sklerosierende Cholangitis (seltener als bei Colitis ulcerosa), ggf. mit Autoimmunhepatitis
- Haut
- Orale Manifestation
- Unspezifisch
- Aphthöse Ulzerationen der Mundschleimhaut
- Stomatitis
- Spezifisch
- Unspezifisch
Diagnostik
Diagnostisches Vorgehen
Erstdiagnostik
- Basisdiagnostik: Bei typischer Anamnese und Symptomen eines Morbus Crohn
- Klinische Untersuchung
- Blut- und Stuhluntersuchung
- Diagnosesicherung: Ileokoloskopie mit Stufenbiopsien zur histologischen Untersuchung
- Ausbreitungsdiagnostik: Beurteilung des Befallsmusters und Schweregrades sowie möglicher intestinaler Stenosen, Abszesse und Fisteln
- Terminales Ileum, Kolon und Rektum: Ileokoloskopie
- Ösophagus, Magen und Duodenum: Ösophagogastroduodenoskopie inkl. Biopsien [8][9]
- Jejunum und Ileum
- Dünndarmsonografie und MR-Enterografie
- Kapselendoskopie: Bei unauffälligem Befund in MRT und Darmsonografie und weiterhin bestehendem V.a. Dünndarmbefall
- Ballon-Enteroskopie: Falls bei V.a. isolierten Dünndarmbefall zusätzlich eine histologische Diagnosesicherung notwendig ist
- Beurteilung von Stenosen/Strikturen: Endoskopie, MR-Enterografie oder abdominelle Sonografie
- Bei V.a. Fisteln/Abszesse: MR-Enterografie und/oder Dünndarmsonografie
- Perianal: MRT des Beckens oder transrektale Endosonografie
Um die Diagnose Morbus Crohn zu stellen, werden klinisches Bild sowie laborchemische, apparative und histologische Befunde gemeinsam betrachtet!
Reevaluierung
- Indikationen: Beschwerdepersistenz, therapierefraktärer Schub, unerklärliche Symptome, vor Beginn oder Änderung einer immunsuppressiven Therapie
- Basisdiagnostik: Entsprechend der Erstdiagnostik, insb. Stuhluntersuchung
- Abdomensonografie: Bei jedem Schub und jeder Verlaufsuntersuchung indiziert
- MR-Enterografie/Endoskopie: Bei unzureichender sonografischer Beurteilbarkeit
Anamnese und körperliche Untersuchung
- Anamnese
- Frage nach intestinaler und extraintestinaler Symptomatik sowie Malabsorptionssyndrom
-
Infektionen
- Kontakte mit infektiösen Durchfallerkrankungen (inkl. kürzlicher Reiseanamnese)
- Impfstatus
- Ernährung
- Nahrungsmittelunverträglichkeiten
- Gewichtsverlust
- Medikamentenanamnese (insb. auch bzgl. Antibiotika und NSAR)
- Rauchen
- Familienanamnese
- Körperliche Untersuchung
- Inkl. oraler und perianaler Inspektion
- Beachtung evtl. extraintestinaler Manifestationen
- Bei V.a. okuläre Manifestation: Augenärztliche Untersuchung
- Rektale Untersuchung: Nicht zwingend erforderlich, spätestens im Rahmen der Koloskopie
- Crohn’s Disease Activity Index (CDAI, Aktivitätsindex nach Best)
- Am besten validierter Score zur Erfassung der Krankheitsaktivität
- Ermöglicht Objektivierung der Schwere eines Schubs und Beurteilung des Therapieerfolgs
- Interpretation
- Milde bis moderate Erkrankung: 150–220 Punkte
- Moderate bis schwere Erkrankung: 221–450 Punkte
- Schwere bis fulminante Erkrankung: >450 Punkte
- Klinische Remission: <150 Punkte
- Klinisches Ansprechen: Abfall um ≥70 Punkte
Crohn’s Disease Activity Index (Rechner)
Laborchemische Untersuchungen
Blutuntersuchung
- Entzündungsparameter: CRP↑, BSG↑, Leukozytose, Thrombozytose
- Blutbild: Anämie (siehe auch: Diagnostik der Anämie)
- Ggf. Zeichen eines Eisenmangels (siehe auch: Diagnosesicherung bei Verdacht auf Eisenmangel)
- Ggf. Vitamin-B12-spezifische Diagnostik (Holotranscobalamin)
- Nierenfunktion: Retentionsparameter
- Leberfunktion
- Serologie: Keine Routinediagnostik
- ASCA (Anti-Saccharomyces-cerevisiae-Antikörper): Positiv bei ∼60%
- pANCA: Negativ bei 60–90% [10][11]
- Keine genetische Testung auf Mutationen von NOD2 [4]
Stuhluntersuchung
- Ausschluss einer infektiösen Gastroenteritis
- Testung auf häufige Erreger (inkl. Campylobacter und E. coli)
- Bei schwerem Schub: Testung auf Zytomegalie-Virus und C. difficile (insb. nach Antibiotikaeinnahme)
- Fäkale Entzündungsparameter: Zur Abgrenzung von funktionellen Beschwerden
- Erhöhte Werte im Stuhl bei intestinaler Entzündungsreaktion
- Calprotectin [12][13]
- Lactoferrin [12][13]
Apparative Verfahren
Darmsonografie
- Durchführung: Transabdominelle Dünn- und Dickdarmsonografie
- Befunde [14]
- Ödematöse Darmwandverdickung (anhand der Ulmer Kriterien )
- Verlust der typischen Wandschichtung
- Hypervaskularisation (anhand des Limberg-Scores )
- Mesenteriale Reaktion
- Verminderte Motilität entzündeter Darmabschnitte
- Lymphadenopathie
- Nachweis von Abszessen, Fisteln und Stenosen
MR-Enterografie [15]
- Häufig synonym: MRT nach Sellink, MR-Enteroklysma, Hydro-MRT
- Durchführung
- Orale Gabe von intraluminalem Kontrastmittel oder ggf. über eine nasojejunale Sonde
- Dann MRT, i.d.R. mit i.v. Kontrastmittel
- Befunde [16]
- Asymmetrische Kontrastmittelanreicherung in der Darmwand
- Segmentale, ödematöse Darmwandverdickung
- Mesenteriale Reaktion
- Vergrößerung der Vasa recta entzündeter Darmsegmente (sog. Comb-Zeichen)
- Lymphadenopathie
- Nachweis von Abszessen, Fisteln und Stenosen
Computertomografie
- Stellenwert
- Nicht zur Routinediagnostik empfohlen
- Zur Notfalldiagnostik bei akuter Symptomatik geeignet
- Bei fehlender Verfügbarkeit oder Kontraindikationen gegen eine MRT
- Durchführung
- CT-Enterografie mit intraluminalem und i.v. Kontrastmittel
- Ggf. CT-Abdomen/Becken mit i.v. Kontrastmittel
Aufgrund des chronisch-rezidivierenden Verlaufs der Erkrankung sind häufig regelmäßige Bildgebungen über einen langen Zeitraum hinweg notwendig, weshalb der Vermeidung wiederholter Strahlenbelastungen eine große Bedeutung zukommt!
Bei sehr akuter Symptomatik (akutes Abdomen) kann aufgrund der schnelleren Verfügbarkeit auch eine CT durchgeführt werden!
Ileokoloskopie
- Durchführung: Ileokoloskopie mit Stufenbiopsien aus terminalem Ileum, Kolon und Rektum
- Typischer Befund: Segmental-diskontinuierlicher Befall, insb. des terminalen Ileums und proximalen Kolons
- Ulzera in Landkartenform oder länglich („Schneckenspuren“ oder engl. „Snail Trails“)
- Weitere aphthöse hämorrhagische Mukosadefekte („Pinpoint Lesions“)
- Pflastersteinrelief der Schleimhaut
- Fissuren
- Erythem
- Pseudopolypen: Allerdings deutlich seltener als bei Colitis ulcerosa
Simple endoscopic Score for Crohn’s Disease (SES-CD) [17]
- Bedeutung: Weit verbreiteter, einfach anwendbarer und gut validierter Score
- Wertebereich: 0–56 Punkte
- Interpretation
- Endoskopisch festgestelltes Ansprechen: Reduktion um 50% des Ausgangswertes
- Mukosale Heilung: <3 Punkte oder Fehlen von Ulzerationen
Simple endoscopic Score for Crohn’s Disease (SES-CD) | ||||
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0 Punkte | 1 Punkt | 2 Punkte | 3 Punkte | |
Durchmesser der Ulzera |
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Ulzerierte Oberfläche |
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Entzündete Oberfläche |
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Stenose |
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SES-CD-Score: Gesamtsumme aus den 5 Einzelscores für jeweils Rektum, Sigma/Colon descendens, Colon transversum, Colon ascendens, terminales Ileum |
- Zum Vergleich: Normalbefunde
Ösophagogastroduodenoskopie (ÖGD)
- Durchführung: Ggf. inkl. Biopsien
- Befunde [18][19]
- Ödeme, Erosionen und Ulzerationen der Schleimhaut
- Aphthen der Schleimhaut
- Bambusartiges Aussehen des Magens
- Kerbenartige Läsionen in den Kerckring-Falten des Duodenums
Dünndarmendoskopie
- Kapselendoskopie
- Vorteile: Visualisierung des gesamten GI-Trakts, höhere Sensitivität als MR-Enterografie
- Nachteile: Keine Detektion von Komplikationen , mögliche Kapselretention , höhere Rate unspezifischer, falsch-positiver Befunde
- Ballon-Enteroskopie
- Vorteil: Bessere Beurteilung atypischer Dünndarmläsionen, Biopsie und therapeutische Interventionen (insb. Dilatationsbehandlung) möglich
- Nachteil: Höhere Invasivität
Vor der Durchführung einer Kapselendoskopie sollten Stenosen mittels MR-Enterografie und/oder Testkapsel (sog. Patency-Kapsel) ausgeschlossen worden sein!
Verlaufsdiagnostik
Evaluation des Therapieansprechens
- Zeitpunkt: Innerhalb der ersten 3 Monate nach Therapiebeginn oder -wechsel (Ausnahme: Endoskopie)
- Untersuchungen
- Klinische Untersuchung
- Laborchemische Untersuchung: CRP und/oder fäkales Calprotectin
- Bildgebung: Darmsonografie
- Ggf. Endoskopie
Das Therapieansprechen soll innerhalb von 3 Monaten nach Therapiebeginn oder -wechsel anhand von klinischen, laborchemischen und bildgebenden Parametern evaluiert werden!
Erkennen von Komplikationen
- Bei allen Betroffenen
- Regelmäßiges Anämie-Screening (siehe auch: Diagnostik der Anämie)
- Ggf. auch Vitamin-B12-spezifische Diagnostik (Holotranscobalamin)
- Regelmäßiges Erfragen von Fatigue-Symptomen
- Siehe auch: Symptome und Diagnostik des chronischen Fatigue-Syndroms
- Messung der Knochendichte und des Vitamin-D-Spiegels
- Regelmäßiges Anämie-Screening (siehe auch: Diagnostik der Anämie)
- Bei V.a. Mangelernährung: Ernährungsstatus erheben (inkl. Makronährstoffe, Vitamine, Mineralstoffe)
- Bei erhöhtem Risiko für okuläre Komplikationen : Ggf. regelmäßige augenärztliche Kontrolle
- Bei V.a. hepatobiliäre Erkrankungen: Abdominalsonografie, Labor (inkl. Virologie und Serologie)
- Bei Therapie mit Anti-TNF-α-AK und Thiopurinen: Regelmäßiges Hautkrebsscreening [20][21]
Verlaufsdiagnostik bei Remission
- Regelmäßige [22] Bestimmung von fäkalem Calprotectin zur Rezidiverkennung
- Regelmäßiges Anämie-Screening
- I.d.R. Endoskopie vor Therapiedeeskalation/-beendigung
Sekundärprävention eines kolorektalen Karzinoms
- Regelmäßige Überwachungskoloskopie mit Biopsie aufgrund des erhöhten Risikos für ein kolorektales Karzinom [23][24]
- Vorgehen analog zu Überwachungskoloskopien bei Colitis ulcerosa [25]
Pathologie
- Hypertrophie der Lymphknoten
-
Entzündung aller Wandschichten (transmurale Entzündung)
- Nicht-verkäsende Epitheloidzellgranulome
- Riesenzellen
- Ausgeprägtes lymphozytäres Infiltrat in der Lamina propria
- Spaltförmige (fissurale) Ulzera
- Skip-Lesions (diskontinuierlicher Befall)
- Creeping Fat [26]
Zum Vergleich: Normalbefunde
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnostische Erwägungen: Morbus Crohn und Colitis ulcerosa [27][28]
Differenzialdiagnostische Erwägungen: Morbus Crohn und Colitis ulcerosa | ||
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Morbus Crohn | ||
Stuhlfrequenz/-art |
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Ernährungszustand |
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Schmerzen |
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Fisteln (v.a. im Analbereich) |
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Ausbreitungsmuster |
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Endoskopischer Aspekt |
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Histologie |
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Weitere Differenzialdiagnosen
- Generell
- Infektiöse Darmerkrankungen
- Nicht-infektiöse Kolitis (ischämisch, nach Radiatio, nach Medikamenteneinnahme etc.)
- Mikroskopische Kolitis
- Divertikulitis
- Reizdarmsyndrom
- Darmtuberkulose
- Maligne Darmveränderungen
- Morbus Behçet
- Zöliakie
- Rechtsseitiger Unterbauchschmerz
AMBOSS erhebt für die hier aufgeführten Differenzialdiagnosen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Therapie
Therapiegrundlagen
- Therapieziele
- Steroidfreie klinische Remission
- Normale Lebensqualität
- Reduktion von Komplikationen
- Medikamentöse Therapie: Insb. zur Remissionsinduktion und -erhaltung
- Details siehe: Medikamentöse Therapie bei Morbus Crohn
- Operative und interventionelle Therapie: Insb. bei Komplikationen und Versagen der medikamentösen Therapie
- Details siehe: Operative und interventionelle Therapie bei Morbus Crohn
- Auswahl der konkreten Therapieoption anhand von
- Krankheitsaktivität, Befallsmuster, Vorhandensein extraintestinaler Manifestationen
- Alter, Komorbiditäten, Ernährungszustand und eventuellen Mangelzuständen
- Ansprechen und möglichen Nebenwirkungen bei bisheriger Therapie
- Konsequente Mitbehandlung extraintestinaler Manifestationen, bspw. physikalische Therapie bei Arthritiden
- Zu Therapieempfehlungen siehe auch: Extraintestinale Komplikationen bei Morbus Crohn
- Für allgemeine Maßnahmen (inkl. Ernährung) sowie Komplementärmedizin und Psychotherapie siehe: Allgemeine Maßnahmen und ergänzende Therapien bei Morbus Crohn
- Für pädiatrische Inhalte siehe: Morbus Crohn im Kindes- und Jugendalter - Therapie
Die Behandlung des Morbus Crohn erfordert eine multidisziplinäre Zusammenarbeit. In der Patientenbetreuung sollte einer ausgebildeten Fachassistenz für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen eine wichtige Rolle zukommen!
Übersicht der medikamentösen Therapie
Grundlagen[8][29]
- Die medikamentöse Therapie setzt sich zusammen aus
- Remissionsinduktion (Schubtherapie): Behandlung des Erstauftretens eines Morbus Crohn oder einer akuten Verschlechterung bei bekannter Erkrankung
- Remissionserhaltung (Erhaltungstherapie): Langfristige Behandlung zur Reduktion der Schubfrequenz
Allgemeines Vorgehen
- Remissionsinduktion: Therapie nach Schwere und Befallsmuster (siehe: Montreal-Klassifikation des Morbus Crohn und CDAI)
- Stufentherapie bis klinische Remission erreicht ist
- Beispiel: Prednisolon i.v. bei einem schweren Schub
- Übergang zur Remissionserhaltung: Sobald Remission erreicht ist
- Auswahl des Medikaments zur Erhaltungstherapie
- Ausschleichen der Glucocorticoide
- Einleitung der Erhaltungstherapie
- Beispiel: Langsame Reduktion von Prednisolon, zeitgleich Beginn einer Therapie mit Infliximab
- Remissionserhaltung
- Langfristige Therapie mit der niedrigsten wirksamen Stufe
- Beispiel: Alleinige Therapie mit Infliximab
- Bei erneutem Schub
- Remissionsinduktion mit der Stufe, die beim letzten Schub erfolgreich war
- Ggf. im Anschluss Eskalation der remissionserhaltenden Therapie
- Beispiel: Erneute Induktion mit Prednisolon, danach ggf. Dosisintensivierung von Infliximab oder Wechsel auf anderes Wirkprinzip
Vor Beginn einer systemischen Immunsuppression
- Prüfen einer chirurgischen Intervention als Alternative
- Insb. bei isoliertem Befall des terminalen Ileums erwägen
- Insb. narbige Stenosen sind einer medikamentösen Therapie nicht zugänglich
- Siehe auch: Indikationen für eine chirurgische Therapie des Morbus Crohn
- Ausschluss und ggf. Behandlung lokaler Komplikationen (Fisteln, Abszesse, Stenosen)
- Ausschluss und ggf. Behandlung infektiologischer Komplikationen
- Siehe auch: Management bei Immunsuppression zu
- Vorbereitendem Infektionsscreening
- Präventiven Maßnahmen (insb. Impfempfehlungen unter Immunsuppression)
- Medikamentenspezifischen Hinweise
Checkliste vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie |
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Operative Verfahren sollen vor jeder Therapieeinleitung und -intensivierung erwogen werden!
Bei einer Therapie mit Thiopurinen sollte der EBV-Status erhoben werden, weil es Hinweise darauf gibt, dass Thiopurine insb. bei Jungen und jungen Männern das Risiko für hepatosplenische T-Zell-Lymphome erhöhen! [8][30]
Situationsgerechtes Vorgehen bei der medikamentösen Therapie
Vorgehen in der medikamentösen Therapie bei Morbus Crohn | ||||
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Klinische Konstellationen | Initiale Schubtherapie | Bei Versagen der initialen Schubtherapie | Erhaltungstherapie | |
Befall der Ileozäkalregion und/oder des Colon ascendens | Leichte Krankheitsaktivität |
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Hohe Krankheitsaktivität |
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Ausgedehnter Kolonbefall | ||||
Ausgedehnter Dünndarmbefall und/oder Befall des oberen Gastrointestinaltrakts |
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Steroidabhängiger Verlauf des Morbus Crohn |
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1 Aufgrund fehlender randomisierter Studien, die die Wirkstoffe direkt miteinander vergleichen, wird keine Priorisierung oder spezifische Sequenz der Wirkstoffe empfohlen. |
Systemisch und lokal wirksame Glucocorticoide sollten nicht zur Remissionserhaltung eingesetzt werden!
Bei Therapieversagen sollte vor einer Therapieumstellung die Diagnose sowie Krankheitsaktivität reevaluiert und andere Ursachen/Komplikationen ausgeschlossen werden. Die bisherige Therapie soll zunächst optimiert werden, bevor alternative Wirkprinzipien oder chirurgische Verfahren zum Einsatz kommen!
Medikamentenübersicht mit Applikationsformen und Indikationen
Übersicht der Medikamente in der Morbus-Crohn-Therapie mit Applikationsformen und Indikationen | ||||||||
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Substanzklasse | Wirkstoffe | Wirkweise | Dauer bis zum klinischen Ansprechen [32] | Applikationsformen | Schubtherapie | Erhaltungstherapie | ||
Aminosalicylate |
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Glucocorticoide |
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Antimetabolite | Thiopurine |
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Folsäure-Antagonisten |
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Biologicals | Anti-TNF-α-AK |
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Anti-Integrin-α4β7-AK |
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JAK-Inhibitoren |
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Medikamentöse Schubtherapie
Lokal wirksame Therapie des Morbus Crohn
- Indikationen
- Befall von Ileozäkalregion und/oder rechtsseitigem Kolon: Orale Glucocorticoide mit lokaler Wirkung
- Distaler Befall des Kolons: Evtl. zusätzlich rektale Applikation (Suppositorium, Klysma oder Schaum) von Glucocorticoid/Mesalazin
- Bspw. Budesonid rektal (Off-Label Use)
- Bspw. Mesalazin rektal (Off-Label Use)
- Dauer der Therapie: Während des akuten Schubs (ca. 8 Wochen)
- Bei Nichtansprechen siehe: Systemische Glucocorticoide im akuten Schub des Morbus Crohn
Mesalazin kann bei distalem Kolonbefall zusätzlich rektal appliziert werden, wird aber zur alleinigen Remissionsinduktion bei leichter Entzündungsaktivität nicht mehr empfohlen!
Budesonid hat eine geringe systemische Wirkung, weil es in der Leber abgebaut wird. Bei Leberzirrhose sollte es daher nicht angewendet werden!
Systemische Glucocorticoide im akuten Schub des Morbus Crohn
- Indikationen
- (Mittlere bis) hohe Entzündungsaktivität bei Befall der Ileozäkalregion und/oder des rechtsseitigen Kolons
- Befall des oberen Gastrointestinaltrakts und/oder des Dünndarms
- Keine Remission unter Lokaltherapie
- Ggf. bei vorwiegendem Befall des Kolons [34]
- Ziel: Schnelle Entzündungsreduktion und Symptomlinderung
- Durchführung: Gabe von Prednisolon (oder Äquivalent) [35]
- Dauer: Bis zum klinischen Ansprechen, danach langsam und entsprechend der Krankheitsaktivität (bspw. anhand des CDAI) ausschleichen
- Siehe auch: Glucocorticoid-Ausschleichschemata
- Vor Operationen: Dosis reduzieren oder Gabe beenden
Glucocorticoid-Nebenwirkungen sind zahlreich und teils schwerwiegend, insb. bei langfristiger Gabe. Daher sollten Glucocorticoide immer so kurz wie möglich gegeben werden!
Biologicals / Small Molecules im akuten Schub des Morbus Crohn
- Indikationen
- Steroidrefraktärer Verlauf des Morbus Crohn (mittlere bis hohe Krankheitsaktivität)
- Unverträglichkeit einer Glucocorticoidtherapie
- Therapieintensivierung bei Befall des oberen Gastrointestinaltrakts und/oder ausgedehntem Befall des Dünndarms
- Steroidabhängiger Verlauf des Morbus Crohn
- Wirkstoffauswahl: Anhand individueller Patientenmerkmale
- Zur Dauer bis zum klinischen Ansprechen siehe auch: Übersicht der Medikamente in der Morbus-Crohn-Therapie
- Wirkstoffe und Dosierungen
- Infliximab: Schubtherapie i.v. mit anschließender Erhaltungstherapie i.v. oder s.c.
- Ggf. zusätzlich Thiopurine [36][37]
- Adalimumab: Schub- und Erhaltungstherapie s.c.
- Vedolizumab: Schubtherapie i.v. mit anschließender Erhaltungstherapie i.v. oder s.c.
- Ustekinumab: Schubtherapie i.v. mit anschließender Erhaltungstherapie s.c.
- ≤55 kgKG
- >55–≤85 kgKG
- >85 kgKG
- Risankizumab: Schubtherapie i.v. mit anschließender Erhaltungstherapie s.c. [38]
- Upadacitinib: Schub- und Erhaltungstherapie p.o.
- Bei Risikogruppen: Nur nachrangig empfohlen, anschließende Erhaltungstherapie in reduzierter Dosis
- Siehe auch: Rote-Hand-Brief zu Januskinase-Inhibitoren
- Infliximab: Schubtherapie i.v. mit anschließender Erhaltungstherapie i.v. oder s.c.
Unter Therapie mit Anti-TNF-α-AK oder Thiopurinen sollten Patient:innen aufgrund des erhöhten Hautkrebsrisikos auf einen ausreichenden Sonnenschutz achten!
Alle Biologicals sind bei aktiven, schweren Infektion (inkl. Tuberkulose) kontraindiziert!
Konventionelle Immunsuppressiva im akuten Schub des Morbus Crohn
- Indikationen
- Unverträglichkeit einer Glucocorticoidtherapie
- Therapieintensivierung bei ausgedehntem Befall des Dünndarms und/oder des oberen Gastrointestinaltrakts
- Steroidabhängiger Verlauf des Morbus Crohn
- Wirkstoffe
- Thiopurine: Nur als Kombinationstherapie mit Infliximab (siehe Dosierung unter: Biologicals / Small Molecules im akuten Schub des Morbus Crohn)
- Methotrexat
Konventionelle Immunsuppressiva werden heutzutage seltener angewendet, da gezieltere und besser verträgliche Therapien zur Verfügung stehen!
Es gibt Hinweise, dass Thiopurine insb. bei Jungen und jungen Männern das Risiko für hepatosplenische T-Zell-Lymphome erhöhen. Daher sollten sie in dieser Gruppe bei seronegativem EBV-Status nicht gegeben werden! [8][30]
Medikamentöse Erhaltungstherapie
Vorgehen
- Dauertherapie mit konventionellen Immunsuppressiva, Biologicals oder Small Molecules: I.d.R. Vorgehen der Wahl, auch bei steroidabhängigem Verlauf
- Milder Verlauf: Ggf. ohne medikamentöse Erhaltungstherapie mit regelmäßigen Kontrollen in einem spezialisierten Zentrum ausreichend (Watchful Waiting) [39]
- Auftreten von extraintestinalen Komplikationen: Therapieintensivierung erwägen
- Therapierefraktärer Verlauf: Erweiterte Kombinationstherapie erwägen [40]
- Wirkstoffauswahl: Abhängig von
- Risikofaktoren für einen komplexen Krankheitsverlauf, u.a. [41]
- Erkrankungsalter <40 Jahre
- Perianale Beteiligung
- Bedarf einer frühzeitigen Glucocorticoidtherapie
- Nachweis von tiefen Ulzerationen in der Koloskopie
- Zuvor durchgeführten Therapien
- Individuellem Krankheitsverlauf
- Komorbiditäten
- Bevorzugter Behandlungsoption der Patient:innen
- Risikofaktoren für einen komplexen Krankheitsverlauf, u.a. [41]
- Dauer: Keine allgemeingültige Empfehlung
- Eher langfristige Fortführung unter individueller Nutzen-Risiko-Abwägung
- Therapieende erwägen bei
- Langanhaltender, stabiler Remission und
- Beendeter Glucocorticoidtherapie und
- Fehlender Entzündungsaktivität (anhand objektiver Parameter festgestellt )
Systemisch und lokal wirksame Glucocorticoide sollten nicht zur Remissionserhaltung eingesetzt werden!
Wirkstoffe und Dosierungen
- Biologicals und Small Molecules
- Für Dosierungen siehe: Biologicals/Small Molecules im akuten Schub des Morbus Crohn
-
Adalimumab, Infliximab
- Ggf. zeitlich begrenzte Kombinationstherapie mit Thiopurinen (bspw. bei jungem Erkrankungsalter, ausgedehntem Dünndarmbefall, perianalem Befall)
- Bei stabiler Remission: Monotherapie mit Thiopurin oder Anti-TNF-α-AK fortführen [42]
- Vedolizumab
- Ustekinumab
- Upadacitinib
- Konventionelle Immunsuppressiva (insb. bei steroidabhängigem Verlauf)
- Thiopurine
- Nachrangig : Methotrexat
- Ggf. Mesalazin p.o. bei mildem Verlauf (Off-Label Use) [43][44]
Unter Therapie mit Anti-TNF-α-AK oder Thiopurinen sollten Patient:innen aufgrund des erhöhten Hautkrebsrisikos auf einen entsprechenden Sonnenschutz achten!
Es gibt Hinweise, dass Thiopurine insb. bei Jungen und jungen Männern das Risiko für hepatosplenische T-Zell-Lymphome erhöhen. Daher sollten sie in dieser Gruppe bei seronegativem EBV-Status nicht gegeben werden! [30]
Besonderheiten einer Anti-TNF-α-Therapie
- Kontraindikationen einer Anti-TNF-α-Therapie beachten
- Vor Therapiebeginn
- Ausschluss einer schweren Herzinsuffizienz (NYHA-Klasse III/IV)
- Infektionsausschluss (insb. Tbc, Hepatitis B und C, HIV-, VZV-Infektionen)
- Während der Therapie: Insb. achten auf B-Symptomatik, Lymphknotenstatus, Zeichen eines SLE
Sekundärer Wirkverlust bei Anti-TNF-α-Therapie
- Prävalenz: 23–46% im 1. Therapiejahr [45]
- Prädiktoren: Bspw. [46]
- Perianale Läsionen
- Jüngeres Erkrankungsalter
- Kolonbeteiligung
- Ursachen: u.a.
- Bildung von Anti-Drug-Antikörpern (ADA)
- Veränderter Medikamentenstoffwechsel
- Therapeutisches Drug Monitoring (TDM)
- Nur bei sekundärem Wirkverlust empfohlen
- Indikatoren: Talspiegel und ADA
Umgang mit sekundärem Wirkverlust
Möglichkeiten für den Umgang mit sekundärem Wirkverlust unter Anti-TNF-α-Therapie [47] | |||
---|---|---|---|
Anti-TNF-α-AK | ADA nachweisbar | ADA nicht nachweisbar | |
Talspiegel niedrig [48] | Mögliche Ursache |
|
|
Maßnahme |
|
| |
Talspiegel ausreichend [48] | Mögliche Ursache |
| |
Maßnahme |
|
Operative und interventionelle Therapie
Allgemeines [8][49][50]
- Stellenwert: Insb. zur Behandlung von Komplikationen und beim Versagen der medikamentösen Therapie stets zu erwägen (insb. bei isoliertem Ileozäkalbefall ) [31]
- Strenge Indikationsstellung
- Bei akuter Entzündung vor elektiver OP: Konservativer Therapieversuch
- Vorteile
- Ggf. Zugewinn an Lebensqualität
- Durch zeitgerechte OP Verhindern von
- Wachstumsretardierung (Kinder und Jugendliche mit Morbus Crohn)
- Weiterer körperlicher Schwächung
- Nachteile
- Keine Heilung durch operative/interventionelle Therapie möglich
- Hohes Rezidivrisiko [49]
- Operative Risiken, siehe hierzu
- Therapieprinzipien [49][50]
- Möglichst darmsparende Chirurgie
- Möglichst minimal-invasives Vorgehen
- Möglichst Verzicht auf Drainagen
- Bei Anastomosen
- Anlage möglichst in entzündungsfreiem oder -armem Abschnitt
- Ggf. mit vorgeschaltetem protektivem Stoma
- Siehe auch
Die Therapie des Morbus Crohn erfolgt i.d.R. primär medikamentös. Ein chirurgisches Vorgehen sollte aber bei Therapieversagen und bei Auftreten von Komplikationen stets mitbedacht werden!
Der mikroskopische Befund der Resektionsränder hat keinen Einfluss auf das Auftreten eines Rezidivs im Anastomosenbereich. Die Resektionsränder müssen demnach mikroskopisch nicht entzündungsfrei sein und der Eingriff sollte möglichst darmsparend erfolgen, um der Entwicklung eines Kurzdarmsyndroms vorzubeugen!
Indikationen für eine chirurgische bzw. interventionelle Therapie des Morbus Crohn [8][51]
Absolute Indikationen
- Schwere Komplikationen (z.B. Perforation mit Peritonitis, Ileus, Blutung, toxisches Megakolon)
- Hochgradige Dysplasien und Malignome
- Symptomatische Fisteln [8][49]
- Enterovesikal/-genital
- Enterokutan, stark sezernierend
- Retroperitoneal
- Hohe Fistel mit funktionellem Kurzdarmsyndrom (z.B. gastrokolisch)
Relative Indikationen [8][49]
- Nicht-Ansprechen auf konservative Therapie
- Intestinale Stenosen
- Abszesse
- Symptomatische Fisteln: Interenterische und perianale Fisteln [8][49]
- Niedriggradige Dysplasie
Bei asymptomatischen perianalen Fisteln sollten nur in Ausnahmefällen eine chirurgischen Therapie gewählt werden. Bei symptomatischen Fisteln sollte primär eine Fadendrainage durchgeführt werden.
Verfahrenswahl der chirurgischen und interventionellen Therapie bei Morbus Crohn [52][53]
Stenosen und Strikturen
Verfahrenswahl bei Stenosen und Strikturen | |
---|---|
Befund | Bevorzugtes Verfahren |
Ösophageale Stenosen |
|
Antrum- oder Pylorusstenosen |
|
Duodenale Stenosen |
|
Jejunum- und Ileumstenosen |
|
Kolonstenosen |
|
Abszesse [49][52]
Verfahrenswahl bei Abszessen | |
---|---|
Befund | Bevorzugtes Verfahren |
Abszess <5 cm ohne Sepsis |
|
| |
|
Fisteln [8][51]
- Indikation zur medikamentösen Fisteltherapie: Komplexe perianale Fisteln
- 1. Wahl: Infliximab
- Nachrangig
- Indikation zur operativen Therapie: Insb. abhängig von Fistelverlauf (d.h. Ursprungs- und Zielorgan) und Symptomatik
- Asymptomatische Fistel: I.d.R. keine oder späte OP
- Symptomatische Fistel: Frühzeitig OP erwägen
- I.d.R. Beginn mit dem am wenigsten invasiven OP-Verfahren
- Bspw. bei einfacher anokutaner Fistel zunächst durch eine Fadendrainage
- Antibiotika: Einsatz nicht zur Primärtherapie empfohlen, lediglich kurzfristig zur Symptomlinderung möglich
- Präoperative Diagnostik: MRT, bei perianalen Fisteln zusätzlich manuelle Untersuchung in Narkose und Endosonografie
- Vor operativer und medikamentöser Therapie immer Begleitabszess ausschließen und wenn vorhanden vorher drainieren
- Zu Details der möglichen Verfahren siehe: Operative Verfahren zur Fisteltherapie bei Morbus Crohn
Die Therapie anogenitaler, rektogenitaler und rektourethraler Fisteln sollte primär an spezialisierten Zentren in interdisziplinären Teams stattfinden!
Sonderform perianale Fisteln bei Morbus Crohn
- Anatomische Einteilung: Siehe Parks-Klassifikation
- Einteilung anhand der Komplexität (AGA-Klassifikation) [54]
- Einfache perianale Fistel
- Innere Öffnung: Oberflächlich, tief intersphinktär oder tief transsphinktär
- Einzelne äußere Öffnung
- Keine andere perianale Manifestationen
- Komplexe perianale Fistel
- Innere Öffnung: Hoch intersphinktär, hoch transsphinktär, extrasphinktär oder suprasphinktär
- Multiple äußere Öffnungen
- Andere perianale Manifestationen
- Rektale Entzündungsaktivität
- Einfache perianale Fistel
Verfahrenswahl bei Fisteln
Verfahrenswahl bei Fisteln [8][49][51] | ||
---|---|---|
Fistelverlauf | OP-Indikation | Verfahren |
Interenterisch |
| |
Enterokutan |
| |
Enterobiliär |
|
|
Enterovesikal |
|
|
Enterovaginal/-urethral |
|
|
|
|
Interventionelle Verfahren
- CT-gesteuerte Drainage
- Bougierung
- Ballondilatation
Operative Verfahren
Strikturoplastik [55]
- Beschreibung: Chirurgische Aufhebung einer Darmstriktur durch Inzision über der Verengung und anschließender Vernähung
- Heineke–Mikulicz-Strikturoplastik: Längsinzision von ca. 2 cm, anschließend spannungsfreie Quervernähung
- Finney-Strikturoplastik: Längsinzision über der Striktur von ca. 2 cm, anschließend U-förmige Vernähung
- Isoperistaltische Strikturoplastik nach Michelassi: Durchtrennung des Darms über der Striktur, anschließend Seit-zu-Seit-Anastomosierung der Darmabschnitte
- Indikation: Reizlose Stenosen des Dünndarms oder Ösophagus
- Stenosen bei stattgehabter Darmresektion >100 cm oder Kurzdarmsyndrom
- Wiederholte Strikturen an einer ileokolischen Anastomose
- Stenosen mit Wachstumsretardierung bei Kindern
- Kontraindikation: Fisteln im Bereich der Stenose, Blutungen aus dem betroffenen Segment, Darmwandphlegmone, V.a. malignen Prozess
Darmsparende Resektion
- Beschreibung: Möglichst darmsparende Resektion eines von einer Komplikation betroffenen Darmabschnitts
- Offen oder laparoskopisch
- Erster Schritt sollte immer die Erfassung der vorhandenen Läsionen sein, um über das weitere Vorgehen zu entscheiden
- Ggf. als zweizeitiges Vorgehen mit Anlage eines protektiven Stomas
- Je nach Lokalisation der Läsion als
- Gastrojejunostomie oder Duodenojejunostomie (Läsionen im Duodenum)
- Sparsame Segmentresektion (Läsionen in Jejunum oder Ileum)
- Ileozäkalresektion (Läsionen des distalen Dünndarms)
- Indikation: Isolierter Ileozäkalbefall bei hoher Krankheitsaktivität
- Segmentresektion, subtotale Kolektomie oder totale Kolektomie bei Kolonbefall
- Diskontinuitätsresektion nach Hartmann bei isoliertem Rektumbefall
- Bei Anastomosen
- Anlage wenn möglich in entzündungsfreiem oder -armem Abschnitt
- Ggf. mit vorgeschaltetem protektivem Stoma
- Indikation
- Als Notfalloperation: Bspw. bei toxischem Megakolon, Ileus oder freier Darmperforation
- Größere Stenosen ≥5 cm und Kolonstenosen unklarer Dignität
- Abszesse bei septischen Patient:innen oder nach frustraner konservativer Therapie
- Symptomatische Fisteln
- Hochgradige Epitheldysplasie
Operative Verfahren zur Fisteltherapie bei Morbus Crohn
- Einfache Fistulotomie
- Beschreibung: Eröffnung bzw. Spaltung aller Fistelgänge, Debridement
- Indikation: Oberflächliche, submuköse oder distale transsphinktäre Fisteln
- Kontraindikation: Perianale oder allgemein hohe Entzündungsaktivität
- Fistulektomie
- Beschreibung: Radikale Entfernung des Fistelgangs, bei hohen Analfisteln gefolgt von einer Sphinkterrekonstruktion
- Indikation: Enterovesikale oder enterogenitale Fisteln, hohe Analfisteln
- Ligation eines intersphinkterischen Fisteltrakts (LIFT)
- Verschiebeplastik
- Video-assistierte anale Fisteltherapie (VAAFT)
- Beschreibung: Endoskopisches Darstellen des Fisteltrakts, Debridement, Auffüllen des Fistelgangs mit Fibrinkleber, Verschluss des inneren Fistelostiums mittels Stapler oder Naht
- Indikation: Trans- oder suprasphinktäre Fisteln
- Ggf. allogene oder autologe Stammzelltherapie (SZT) [56][57]
- Beschreibung: Kürettage, Verschluss des inneren Fistelostiums, lokale Injektion von allogenen Stammzellen oder autologen Stammzellen
- Indikation: Komplexe perianale Fisteln mit nicht oder gering aktiver luminaler Entzündung nach Versagen der konventionellen oder biologischen Therapie
- Proktokolektomie [58]
- Beschreibung: Resektion von Kolon und Rektum unter Erhalt des Sphinkters, Rekonstruktion durch Seit-zu-End-Anastomose mit ileoanaler Pouch-Anastomose (meist J-Pouch), i.d.R. mit protektivem Ileostoma
- Indikation: In Ausnahmefällen
- Für die chirurgische Therapie der Analfistel siehe auch: Operatives Vorgehen bei Analfistel
Die Inkontinenzrate steigt, je mehr Sphinkter durchtrennt wird!
Präoperatives Management bei Morbus Crohn
Allgemeines präoperatives Management vor darmchirurgischen Eingriffen
- Für allgemeine Hinweise zum präoperativen Management siehe
- Für darmchirurgische Besonderheiten siehe
Präoperatives Management bei elektiven Eingriffen bei Morbus Crohn [8]
- Indikation zur Operation sichern: Siehe: Diagnostik des Morbus Crohn und Indikationen für eine chirurgische Therapie des Morbus Crohn
- Präoperative Ernährungstherapie: Mangelzustände sollten mit enteraler oder ggf. parenteraler Zusatzernährung ausgeglichen werden
- Kriterien für chronische krankheitsspezifische Mangelernährung (C-DRM) [59]
- Allgemeine Kriterien zur Diagnose der krankheitsspezifischen Mangelernährung erfüllt oder
- Energieaufnahme über ≥1 Monat auf ≤75% des geschätzten Energiebedarfs reduziert oder
- Verminderte Muskelmasse und Zeichen von Krankheitsaktivität (z.B. mittels Crohn's Disease Activity Index) messbar
- Siehe auch: Screening des Ernährungszustands und ggf. metabolische Konditionierung
- Kriterien für chronische krankheitsspezifische Mangelernährung (C-DRM) [59]
- Aufklärung über
- Art des Eingriffs: Ileozäkalresektion, darmsparende Resektion, operative Therapie von Fisteln oder Strikturoplastik
- Ziel des Eingriffs
- Spezifische Komplikationen
- Allgemeine Komplikationen bei darmchirurgischen Eingriffen, siehe: Intraoperative Komplikationen bei darmchirurgischen Eingriffen und postoperative Komplikationen bei darmchirurgischen Eingriffen
- Umgang mit spezieller Vormedikation: Immunsuppressiva und Biologicals
- Keine generelle Pausierung empfohlen, sondern individuelle Risiko-Nutzen-Abwägung [8]
- Methotrexat: Studien zur Einnahme von Methotrexat und perioperativen Komplikationen liegen nicht vor
- Thiopurine: Kein erhöhtes perioperatives Risiko
-
Anti-TNF-α-Antikörper, Vedolizumab, Ustekinumab: Kein eindeutig belegtes erhöhtes perioperatives Risiko
- Kein längerfristiges Absetzen vor OP empfohlen
- Bei elektiven OPs: OP möglichst am Ende des Applikationsintervalls der Biological-Gabe durchführen
- Präoperativ Dosis reduzieren oder möglichst absetzen: Glucocorticoiden [60][61]
- Dosisreduktion bei Prednisolon mit einer Dosis >20 mg/Tag und einer Dauer >6 Wochen
- Interdisziplinäre Abstimmung erforderlich
- Keine generelle Pausierung empfohlen, sondern individuelle Risiko-Nutzen-Abwägung [8]
- Bei Eingriffen mit Stoma-Anlage
- Aufklärung über Notwendigkeit [53]
- Stoma anzeichnen
- Stomatherapie anberaumen
Beim präoperativen Management des Morbus Crohn stehen insb. eine Optimierung des Ernährungsstatus der Patient:innen sowie die Reduktion der immunsuppressiven Therapie im Vordergrund! [62]
Postoperatives Management bei Morbus Crohn
Postoperatives Management
Allgemeines Management nach darmchirurgischen Eingriffen
- Für allgemeine Hinweise zum postoperativen Management siehe: Postoperatives Management
- Für darmchirurgische Besonderheiten siehe auch
Spezielles postoperatives Management bei Morbus Crohn [8][52][63][64]
- Rezidivprophylaxe: Rauchverzicht! [64]
- Postoperative Remissionserhaltung
- Indikation
- Vorliegen von Risikofaktoren (Rauchen, präoperativ penetrierender Krankheitsverlauf oder hohe Krankheitsaktivität, ausgedehnter Befall, junges Alter) [8]
- Auffällige Endoskopie in der Nachsorge [63]
- Durchführung [8][63]
- Bei niedrigem Risiko (Rutgeerts-Score
Mesalazin (Off-Label Use) - Bei hohem Risiko / kompliziertem Verlauf (Rutgeerts-Score ≥i2): Azathioprin oder Mercaptopurin (Off-Label Use) ; alternativ: Anti-TNF-α-Antikörper
- Insb. bei Versagen der präoperativen Erhaltungstherapie mit Thiopurinen: Adalimumab [65][66]
- Bei niedrigem Risiko (Rutgeerts-Score
- Indikation
- Verlaufskontrolle zur Diagnostik eines postoperativen Rezidivs [8]
- Goldstandard: Ileokoloskopie
- Vorteile gegenüber anderen bildgebenden Verfahren
- Direkte Beurteilung der Anastomose möglich
- Prognose zum postoperativen klinischen Verlauf abschätzbar
- Zeitpunkt: Innerhalb von 6(–12) Monaten nach OP
- Durchführung: Beurteilung des endoskopischen Befunds, z.B. anhand des Rutgeerts-Scores [63]: Mehr als 5 entzündliche Stellen in der Umgebung der Anastomose (entspricht einem Rutgeerts-Score ≥i2) sind ein hoher Risikofaktor für ein Rezidiv, sodass hier eine medikamentöse Prophylaxe initiiert werden sollte
- Alternativen: Transabdomineller Ultraschall, Dünndarm-MRT
- Vorteile gegenüber anderen bildgebenden Verfahren
- Goldstandard: Ileokoloskopie
- Weitere Besonderheiten
- Verlängerte Dauer der perioperativen Thromboseprophylaxe >28 Tage [52]
- Insb. nach Resektionsoperationen oder bei klinischem Verdacht: Screening auf Mangelernährung
Das Rauchen von Zigaretten ist der einzig bekannte beeinflussbare Faktor zur Rezidivprophylaxe des Morbus Crohn, sodass Patient:innen zur Rauchentwöhnung ermutigt werden sollten!
Klassifikation des postoperativen Rezidivrisikos
- Rutgeerts-Score: Endoskopischer Bewertungsindex zur Einschätzung des postoperativen Rezidivrisikos bei Morbus Crohn nach einer Ileozäkalresektion und -anastomose [67]
- Beurteilung [64]
Rutgeerts-Score | |
---|---|
Score | Endoskopischer Befund der Anastomosenregion [63] |
i0 |
|
i1 |
|
i2 |
|
i3 |
|
i4 |
|
Allgemeine Maßnahmen und ergänzende Therapien
Allgemeine Maßnahmen
- Rauchkarenz (!)(siehe auch: Rauchentwöhnung)
- Körperliche Aktivität: Ausdauertraining, Krafttraining
- Bei chologener Diarrhö: Gabe von Gallensäurebindern (z.B. Colestyramin)
- Therapie bei abdominellen Schmerzen
- Bei akutem Schub und chronisch-aktiven Verläufen: Paracetamol, Metamizol, Spasmolytika, ggf. kurzzeitig(!) Opioide
- Ggf. Einsatz von cannabisbasierten Arzneimitteln oder medizinischem Cannabis möglich (Off-Label Use)
- Bei persistierenden Schmerzen und starkem Appetitverlust mit konsekutivem Gewichtsverlust
- Nicht im akuten Schub, keine inhalative Aufnahme über Rauchen (insb. nicht mit Tabak)
- Stationäre Rehabilitationsmaßnahmen: Bei psychosozialen Beeinträchtigungen und Belastungen am Arbeitsplatz ins Therapiekonzept einbinden
Patient:innen mit Morbus Crohn, die rauchen, sollen zur Abstinenz von Tabakgebrauch motiviert werden. (DGIM - Klug entscheiden in der Gastroenterologie)
Ernährungsmaßnahmen [68]
- I.d.R. gesunde, vollwertige Ernährung mit genügend Obst und Gemüse empfohlen
- Bei leicht bis moderat aktivem Morbus Crohn: Crohn’s Disease Exclusion Diet (CDED) erwägen [69]
- Siehe auch: Mediterrane Ernährung, Ernährungsempfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung
- Anpassung der Ernährungsstrategie an Symptomatik, Krankheitssituation und Ernährungszustand
- Individuelle Ernährungsberatung durch zertifizierte Fachkraft
- Bei sekundärer Lactose- oder Fructoseintoleranz : Reduktion der Lactose- bzw. Fructoseaufnahme (im Sinne einer Low-FODMAP-Diät)
- Bei distalen Strikturen mit obstruktiven Symptomen: Ballaststoffarme Kost
- Bei Mangelzuständen : Entsprechende Substitution von Vitaminen, Mineralstoffen, Kalorien und Proteinen
- Bei Adipositas: Gewichtsreduktion nur während stabiler Remission
- Im akuten Schub
- Erhöhter Proteinbedarf
- Falls orale Ernährung nicht möglich: Einsatz oraler Trinknahrung, ggf. enterale Sondenernährung
- Falls enterale Ernährung nicht möglich: Parenterale Ernährung
- Bei Unverträglichkeit oder Ablehnung der medikamentösen Therapie: Exklusive enterale Ernährungstherapie
Komplementärmedizin
- Vorgehen
- Patientenwunsch und eventuelle Verwendung erfragen
- Aufklärung über Datenlage
- Diskussion über möglichen Nutzen, Risiken und Wechselwirkungen sowie wirtschaftliche Aspekte
- Komplementärmedizinische Therapeutika
- Die folgenden Präparate können zusätzlich(!) zur Standardtherapie eingesetzt werden [8]
- Omega-3-Fettsäuren
- Boswellia serrata (Weihrauch)
- Artemisia absinthium (Wermut)
- Nicht empfohlen
- Eier des Trichuris suis (Schweinepeitschenwurm) [70]
- Probiotika [8][71]
- Die folgenden Präparate können zusätzlich(!) zur Standardtherapie eingesetzt werden [8]
- Weitere mögliche Maßnahmen
- Akupunktur, ggf. zusätzlich Moxibustion
- Bei Symptomen eines Fibromyalgie-Syndroms: Therapie des Fibromyalgie-Syndroms
Ein großer Teil der Patient:innen greift auch auf komplementärmedizinische Verfahren zurück!
Patient:innen sollten darüber aufgeklärt werden, dass komplementäre Verfahren die Standardtherapie nicht ersetzen können!
Psychotherapeutische Verfahren
- Häufig Entwicklung von psychischen Begleitsymptomen wie Stress und Müdigkeit, teils auch von psychischen Störungen
- Vorgehen
- Erfragen von psychosozialen Faktoren und krankheitsbezogener Lebensqualität
- Aufklärung über den Einfluss psychischer Faktoren
- Psychotherapeutische oder -somatische Mitbehandlung psychischer Komorbiditäten
- Hinweis auf Selbsthilfegruppen und -organisationen für CED-Patient:innen
- Verfahren
- Achtsamkeitsmeditation mit Komponenten der kognitiven Verhaltenstherapie
- Akzeptanz- und Commitment-Therapie
- Lösungsorientierte Therapie
- Kognitive Verhaltenstherapie
Selbsthilfegruppen und -organisationen sind eine wichtige Ergänzung des Therapiekonzeptes bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen!
Besondere Patientengruppen
Kinder und Jugendliche
Schwangerschaft und Stillzeit
- Keine verminderte Fertilität bei Morbus-Crohn-Patientinnen
- Kaum Einfluss auf den Verlauf der Schwangerschaft bei Patientinnen in Remission
- Vor der Konzeption
- Ärztliche Schwangerschaftsberatung
- Klinische Remission anstreben
- Entbindungsmodus: Interdisziplinäre Entscheidung unter Einbezug der Gynäkologie, Gastroenterologie und evtl. Viszeralchirurgie
- Neugeborenenimpfung
- Lebendimpfstoffe: Kontraindiziert innerhalb der ersten 6 Monate, wenn die Mutter während des dritten Trimenons Biologicals erhalten hat (insb. für Rotavirus-Impfung relevant)
- Totimpfstoffe: Reguläre Verabreichung entsprechend den STIKO-Empfehlungen
Vor und während einer Schwangerschaft kommt der Therapieadhärenz eine besonders große Bedeutung zu!
Medikamentöse Therapie in der Schwangerschaft
- Bei akutem Schub: Medikamentöse Therapie empfohlen
- 1. Wahl: Glucocorticoide oder Anti-TNF-α-AK
- 2. Wahl: Vedolizumab oder Ustekinumab
- Bisherige Therapie fortführen
- Anti-TNF-α-AK
- Azathioprin
- Ggf. Vedolizumab, Ustekinumab (unter individueller Nutzen-Risiko-Abwägung)
- Therapie vor Schwangerschaft beenden
- MTX: 3–6 Monate vorher
- Upadacitinib: 4 Wochen vorher
- Risankizumab: 21 Wochen vorher
Methotrexat und Upadacitinib sind teratogen und daher in der Schwangerschaft kontraindiziert. Bei Frauen im gebärfähigen Alter soll während und mind. 4 Wochen (Upadacitinib) bzw. 6 Monate (MTX) nach der Behandlung eine zuverlässige Verhütung sichergestellt sein!
Medikamentöse Therapie in der Stillzeit
- Therapiefortführung empfohlen: Mesalazin, Glucocorticoide und Biologicals
-
Mesalazin, Thiopurine und Biologicals / Small Molecules wahrscheinlich in geringen Mengen muttermilchgängig
- Keine schädigende Wirkung auf den Säugling bekannt
Ältere Personen
- Gründe für höhere Komplexität: Mehr mögliche Differenzialdiagnosen, atypische und oft leichtere Verlaufsformen, Polypharmazie, Multimorbidität
- Umgang mit erhöhtem Risiko für schwerwiegende Infektionen
- Gründliche Patientenaufklärung
- Engmaschigere Überwachung
- Einhaltung der Impfempfehlungen
- Kritische Indikationsstellung für immunsupprimierende Medikamente
- Glucocorticoide: Aufgrund des hohen Nebenwirkungspotenzials und Infektionsrisikos enge zeitliche Begrenzung
- Anti-TNF-α-AK: Erhöhtes Infektions- und Malignitätsrisiko
- Thiopurine: Erhöhtes Risiko für Infektionen, lymphoproliferative Erkrankungen und Hauttumoren (z.B. Basalzellkarzinome)
-
Upadacitinib: Aufgrund des erhöhten Risikos für schwerwiegende Nebenwirkungen nur nachrangig empfohlen
- Siehe auch: Rote-Hand-Brief zu Januskinase-Inhibitoren
Komplikationen
Intestinale Komplikationen
- Penetrierende und stenosierende Komplikationen (zur Therapie siehe auch: Operative und interventionelle Therapie bei Morbus Crohn)
- Fisteln, Abszesse, Fissuren
- Stenosen und Strikturen des Darms, ggf. Ileus
- Darmperforation, Peritonitis
- Erhöhtes Karzinomrisiko (zur Prävention siehe auch: Überwachungskoloskopien bei Colitis ulcerosa )
- (Super‑)Infektion: Mit C. difficile, CMV-Infektion oder -Reaktivierung (zur Therapie siehe auch: Unspezifische Maßnahmen bei Colitis-ulcerosa-Schub)
- Siehe auch: Morbus Crohn - Symptome/Klinik
Extraintestinale Manifestationen und Komplikationen bei Morbus Crohn: Therapieempfehlungen
- Anämie
- Eisenmangelanämie: Orale oder parenterale Eisensubstitution
- Bei milder Anämie und fehlender Entzündungsaktivität: Zweiwertiges Eisen p.o.
- Bei Unverträglichkeit von zweiwertigem Eisen, fehlender Entzündungsaktivität und Hb >9,5 g/dL: Ggf. dreiwertiges Eisen p.o.
- Bei moderater bis schwerer Anämie oder aktiver Entzündung: Eisen i.v.
- Siehe auch: Therapie des Eisenmangels
- Vitamin-B12-Mangel-Anämie: Orale oder parenterale Vitamin-B12-Substitution
- Bei Mangelernährung: Orale Gabe (siehe auch: Vitamin-B12-Supplementierung bei pflanzenbetonter Ernährung)
- Bei Resektion oder Entzündung des terminalen Ileums: Intravenöse Gabe
- Siehe auch: Vitamin-B12-Substitution
- Folsäure-Mangelanämie: Folsäuresubstitution p.o. (siehe auch: Therapie des Folsäuremangels)
- Refraktäre Anämie : Erythropoetin
- In schweren Fällen: Transfusion von Erythrozytenkonzentraten (restriktive Indikationsstellung (!) gemäß Patient Blood Management)
- Eisenmangelanämie: Orale oder parenterale Eisensubstitution
- Gelenkbeteiligung
- Symptomatische Therapie
- Physikalische Therapie
- Analgesie: Paracetamol, Metamizol (keine unselektiven COX-Hemmer ); ggf. niedrigpotente Opioide [72][73]
- Therapie peripherer Arthritiden: Sulfasalazin, MTX oder Anti-TNF-α-AK
- Therapie axialer Spondylarthritiden: Anti-TNF-α-AK, ggf. Upadacitinib
- Symptomatische Therapie
- Hautbeteiligung: Aufgrund der Erkrankung oder als Nebenwirkung der Therapie möglich
- Siehe: Therapie des Erythema nodosum
- Siehe: Therapie der Pyoderma gangraenosum
- Siehe: Therapie der Hidradenitis suppurativa
- Siehe: Therapie der Psoriasis
- Okuläre Komplikationen
- Primär sklerosierende Cholangitis: Siehe Therapie der PSC
- Osteopenie/Osteoporose : Siehe Therapie der Osteoporose
- Vitamin-D-Substitution
- Nicotinkarenz
- Bei Untergewicht: Ernährungstherapie
- Körperliche Aktivität
- Urolithiasis : Bei Oxalatnierensteinen oxalatarme Kost (siehe auch: Therapie der Urolithiasis)
- Cholelithiasis (siehe auch Cholelithiasis, Cholezystitis und Cholangitis - Therapie)
- Thromboembolische Ereignisse
- Bei Hospitalisation, Immobilisation und Risikofaktoren: Siehe medikamentöse Thromboseprophylaxe [74]
- CAVE: Erhöhtes Risiko für venöse Thromboembolien unter JAK-Inhibitoren
- Upadacitinib nur Reservemittel bei Personen >65 Jahre mit erhöhtem Risiko für kardiovaskuläre und maligne Erkrankungen sowie (ehemaligem) Raucherstatus
- Bei Risikofaktoren für VTE, die kein Risiko für kardiovaskuläre oder maligne Erkrankungen darstellen: Upadacitinib vorsichtig einsetzen
- Bei VTE-Nachweis: Upadacitinib absetzen
- Siehe auch: Rote-Hand-Brief zu Januskinase-Inhibitoren
- Amyloidose : Siehe Therapie der Amyloidose
- Fatigue
- Wenn möglich: Ursachengerechte Behandlung
- Regelmäßige körperliche Aktivität (z.B. Gehen, Radfahren)
- Strukturierung des Tagesablaufs
- Ggf. psychotherapeutische Behandlung (insb. lösungsorientierte Ansätze)
- Medikation überprüfen und ggf. umstellen
- Siehe auch: Malabsorptionssyndrom und extraintestinale Symptomatik bei Morbus Crohn
Eine Gelenkbeteiligung bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen sollte nicht mit unselektiven COX-Hemmern behandelt werden!
Bei Auftreten von Komplikationen sollte die aktuelle Therapie überprüft und ggf. intensiviert werden!
Es werden die wichtigsten Komplikationen genannt. Kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Prognose
- Chronische Erkrankung: Eine Heilung ist bisher nicht möglich
- Rezidive und Komplikationen sind ohne Behandlung häufig
- 70% der Patient:innen mit Komplikationen müssen innerhalb von 15 Jahren operiert werden
- Normale Lebenserwartung bei optimaler Behandlung
AMBOSS-Podcast zum Thema
Chronische Bauchschmerzen bei Kindern (Oktober 2022)
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Meditricks
In Kooperation mit Meditricks bieten wir durchdachte Merkhilfen an, mit denen du dir relevante Fakten optimal einprägen kannst. Dabei handelt es sich um animierte Videos und Erkundungsbilder, die auf AMBOSS abgestimmt oder ergänzend sind. Die Inhalte liegen meist in Lang- und Kurzfassung vor, enthalten Basis- sowie Expertenwissen und teilweise auch ein Quiz sowie eine Kurzwiederholung. Eine Übersicht aller Inhalte findest du im Kapitel „Meditricks“. Meditricks gibt es in unterschiedlichen Paketen – für genauere Informationen empfehlen wir einen Besuch im Shop.
Morbus Crohn
Morbus Crohn – Teil 1
Morbus Crohn – Teil 2
Morbus Crohn – Teil 3
Inhaltliches Feedback zu den Meditricks-Videos bitte über den zugehörigen Feedback-Button einreichen (dieser erscheint beim Öffnen der Meditricks).
Kodierung nach ICD-10-GM Version 2025
- K50.-: Crohn-Krankheit [Enteritis regionalis] [Morbus Crohn]
- Inklusive: Granulomatöse Enteritis
- Exklusive: Colitis indeterminata (K52.3‑), Colitis ulcerosa (K51.‑)
- K50.0: Crohn-Krankheit des Dünndarmes
- Crohn-Krankheit [Enteritis regionalis]:
- Ileitis:
- regionalis
- terminalis
- Exklusive: Crohn-Krankheit des Dünn- und Dickdarmes (K50.82)
- K50.1: Crohn-Krankheit des Dickdarmes
- Colitis:
- granulomatosa
- regionalis
- Crohn-Krankheit [Enteritis regionalis]:
- Exklusive: Crohn-Krankheit des Dünn- und Dickdarmes (K50.82)
- Colitis:
- K50.8-: Sonstige Crohn-Krankheit
- K50.80: Crohn-Krankheit des Magens
- K50.81: Crohn-Krankheit der Speiseröhre
- K50.82: Crohn-Krankheit der Speiseröhre und des Magen-Darm-Traktes, mehrere Teilbereiche betreffend
- Crohn-Krankheit sowohl des Dünndarmes als auch des Dickdarmes
- K50.88: Sonstige Crohn-Krankheit
- K50.9: Crohn-Krankheit, nicht näher bezeichnet
- Crohn-Krankheit o.n.A.
- Enteritis regionalis o.n.A.
Quelle: In Anlehnung an die ICD-10-GM Version 2025, BfArM.