Fallvorstellung
Die 39-jährige Frau Plack, IG/0P stellt sich am Wochenende zur Kontrolle bei ET in deiner Klinik vor. Die Schwangerschaft ist bislang unauffällig verlaufen, mit regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen und regulärem OGTT. Sie gibt keinerlei Beschwerden an, spürt keine Wehen, dafür aber gute Kindsbewegungen. Du führst eine Sonografie durch, bei der sich Folgendes zeigt: Fet in 1. SL, geschätztes Gewicht 3350 g, AFI in der Norm (SDP 5,0 cm), zerebroplazentare Ratio >1, Aa. uterinae bds. unauffällig. Die vaginale geburtshilfliche Tastuntersuchung zeigt Porio mediosakral, restwulstig, MM geschlossen. Die Hebamme legt Frau Plack ans CTG.
Frage 1
Was für ein CTG erwartest du bei Frau Plack? Benutze den FIGO-Score.
Antwort 1
- FIGO N (normales CTG)
- Baseline: Im (unteren) Normbereich, bei etwa 140 bpm
- Oszillation: Normal, >5 und <25 bpm
- Keine Dezelerationen
- Akzelerationen
- Sporadisch
- Kontraktionen
- Keine bzw. vereinzelt
Zusatzfrage
Warum ist die Baseline am ET eher im unteren Normbereich?
Aufnahme CTG
Nachdem das CTG fertig ist, schaust du es dir an.
Frage 1
Beurteile das CTG. Benutze den FIGO-Score.
Antwort 1
- FIGO N (normales CTG)
- Baseline: 155 bpm
- Oszillation: Normal, >5 und <25 bpm
- Keine Dezelerationen
- Akzelerationen
- Keine
- Kontraktionen
- Vereinzelte
Frage 2
Ist dieses Kind fit für die Geburt? Begründe deine Antwort.
Antwort 2
- Nein, das CTG zeigt Anzeichen für eine relative plazentare Insuffizienz bereits vor Geburtsbeginn
Die Baseline ist höher als erwartet (155 bpm statt ≤140 bpm). Die Oszillation ist zwar innerhalb FIGO normal, jedoch relativ fixiert bei 10–15 bpm ohne engere und weitere Phasen. Somit zeigt das Kind bereits ein eingeengtes Cycling, ohne Akzelerationen und ohne Tiefschlafphase. Bei den ersten beiden aufgezeichneten Kontraktionen zeigt sich jeweils eine flache Dezeleration. Diese ist jedoch nach FIGO noch keine Dezeleration nach Definition. Unter physiologischen Aspekten sagt sie jedoch Folgendes aus: Bei bereits sehr geringer Uteruskontraktion (die Frau gibt klinisch keine Wehen an) kommt es bereits zu einer ausreichenden plazentaren Perfusionseinschränkung, die einen Gasaustausch im intervillösen Raum bereits so sehr einschränkt, dass beim Kind ein CO2-Überangebot besteht, welches die Chemorezeptoren triggert und zu einem geringen FHF-Abfall führt.
Um ein CTG zu beurteilen, sollte folgende Checkliste abgearbeitet werden: Ist die Baseline wie erwartet? Ist die Oszillation normal und ist ein Cycling vorhanden? Gibt es Dezelerationen? Gibt es Akzelerationen? Außerdem sollte der gesamte klinische Kontext inkl. Anamnese, Kindsbewegungen, Blutungen, Fieber, Mekoniumabgang, Diabetes und FGR berücksichtigt werden.
Die Checkliste hilft hier sehr gut, ein bereits kompromittiertes Kind auszumachen. Die Sonografie hilft hier kaum und ist sogar fast irreführend.
Frage 3
Welche Information kannst du Frau Plack über den jetzigen Zustand des Kindes geben und wie berätst du sie bzgl. des weiteren Vorgehens?
Antwort 3
- Zustand des Kindes
- Beratung für weiteres Vorgehen
- Empfehlung zur Beendigung der Schwangerschaft mittels Sectio caesarea
- Alternativ bei mütterlichem Wunsch: Geburtseinleitung unter dauerhafter(!) CTG-Überwachung
Beratung
Frau Plack wird entsprechend von dir beraten. Sie ist bestürzt, da bisher immer alles gut gewesen sei. Einen Kaiserschnitt könne sie sich nicht vorstellen, da sie sich doch bereits auf eine natürlich verlaufende Geburt eingestellt habe!
Frage 1
Frau Plack möchte wissen, was im schlimmsten Fall passieren könnte, wenn sie sich für die Einleitung entscheidet. Kläre sie über Risiken und Nebenwirkungen auf.
Antwort 1
- Übermäßige Wehentätigkeit bis hin zu Wehensturm und konsekutiver Tokolyse
- Fetaler Distress
- Notsectio mit dazugehörigen Komplikationen
- Uterusruptur
- Peripartale Blutungen
- Vorzeitige Plazentalösung
- Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
Zusatzfrage
Wie würde man eine Notfalltokolyse mit Fenoterol verabreichen?
Frage 2
Jetzt will Frau Plack wissen, ob es auch in Ordnung wäre, wieder nach Hause zu gehen und sich, wie ursprünglich geplant, in 2 Tagen bei Ihrem Frauenarzt vorzustellen. Gebe ihr eine Antwort und begründe deine Entscheidung.
Antwort 2
- Starkes Abraten einer Entlassung nach Hause
Sollte Frau Plack nach Hause gehen und das Kind somit nicht weiter überwachen lassen, könnte es im schlimmsten Fall versterben. Aktuell geht es dem Kind noch gut, allerdings kann nicht vorhergesagt werden, wie lange noch. Im CTG wird deutlich, dass sich das Kind im Reservemodus befindet (keine Akzelerationen, kein Tiefschlaf) und daher entbunden werden sollte. Auch wenn sie zunächst keine Intervention wünscht, sollte die Frau in der Klinik bleiben!
Zusatzfragen
Was würde im Rahmen einer unauffälligen Schwangerschaft bei Terminüberschreitung kontrolliert werden?
Ab welcher Schwangerschaftswoche sollte eine Geburtseinleitung bei unauffälligem Schwangerschaftsverlauf angeboten und ab welcher Schwangerschaftswoche empfohlen werden?
Ab wann würde (bei unauffälligem Schwangerschaftsverlauf) spätestens mit einer Geburtseinleitung begonnen werden?
Geburtseinleitung
Zusammen mit Frau Plack entscheidet ihr euch partizipativ für eine Geburtseinleitung unter dauerhafter CTG-Überwachung. Frau Plack erhält 50 μg Misoprostol. Hierunter spürt sie keinerlei Wehen und der Muttermund ist weiterhin geschlossen. Das CTG zeigt nach Erstgabe von Misoprostol folgenden Befund:
Frage 1
Beurteile das CTG. Benutze den FIGO-Score.
Antwort 1
- FIGO S (suspektes CTG)
- Baseline: 150 bpm
- Oszillation: Normal, >5 und <25 bpm
- Späte Dezelerationen
- Akzelerationen
- Keine
- Kontraktionen
- Viele
Frage 2
Gibt es Hinweise auf eine Kompensation? Begründe deine Antwort.
Antwort 2
- Ja, das Kind kompensiert hypoxischen Stress
Das Kind zeigt Anzeichen einer Kompensation: Die Oszillation ist fixiert bei 5–10 bpm. Zudem zeigen sich nun tiefere und häufigere Dezelerationen. Am Tokogramm sieht man, dass durch die Prostaglandin-Gabe sehr viele Kontraktionen zustande kommen. Auch wenn die Mutter diese nicht spürt, haben sie eine ausreichende Wirkung auf das Myometrium: Durch die Umorganisierung der Gap Junctions sind die Kontraktionen koordinierter, durch die Erhöhung der Sensitivität gegenüber Oxytocin werden die Kontraktionen zudem häufiger und stärker. Das Kind ist somit aktuell kompensiert, zeigt aber bereits hier, dass es stärkere Wehen nicht gut ertragen wird.
Frage 3
Wie berätst du die Mutter bzgl. des weiteren Vorgehens? Begründe deine Antwort.
Antwort 3
- Empfehlung zur Entbindung mittels Sectio caesarea
Aktuell zeigen sich trotz aufgezeichneter Wehen keine spürbare Kontraktion und der Muttermund ist weiterhin geschlossen. Es bräuchte deutlich mehr Wehen für einen Geburtsfortschritt, was sich jedoch negativ auf das Kind auswirken würde, da dieses bereits hypoxischen Stress kompensiert.
Geburt
Frau Plack entscheidet sich für eine Sectio caesarea. Der Muttermund ist weiterhin verschlossen. In der Zwischenzeit läuft das CTG weiter:
Frage 1
Beurteile das CTG. Benutze den FIGO-Score.
Antwort 1
- FIGO S (suspektes CTG)
- Baseline: 155 bpm
- Oszillation: Normal, >5 und <25 bpm
- Flache Dezelerationen vorhanden, aufgrund schlechter Wehenaufzeichnung nicht zuortbar
- Akzelerationen
- Wenige
- Kontraktionen
- Keine bzw. vereinzelte
Das Kind ist starkem hypoxischem Stress (relative plazentare Insuffizienz plus Wehen) ausgesetzt, den es mit einem Abfall der Herzfrequenz kompensiert. Trotzdem ist das CTG gemäß FIGO „nur“ suspekt.
Das Kind ist starkem hypoxischem Stress ausgesetzt, da zu der bereits bestehenden relativen plazentaren Insuffizienz jetzt auch noch Kontraktionen durch die Einleitung hinzukommen. Die wenigen Reserven werden so aufgebraucht. Bezeichnend hierfür ist die hohe Baseline mit flachen Dezelerationen. Trotzdem ist das CTG gemäß FIGO „nur“ suspekt.
Frage 2
Für welche Art von Sectio entscheidest du dich?
Antwort 2
Es gibt keine Indikation für eine eilige oder Notsectio.
Zusatzfrage
Frage 3
Welche weiteren Maßnahmen ergreifst du bis zur Sectio caesarea?
Antwort 3
Frage 4
Antwort 4
Zusatzfragen
Wofür steht APGAR?
Zu welchen Zeitpunkten wird der APGAR-Score jeweils ermittelt?
Erkläre das Punktesystem des APGAR-Scores.
Frage 5
Das Kind wird mit einem arteriellen pH von 7,18 und einem BE -5 aus grünem Fruchtwasser entbunden. Welche Ursachen hat das grüne Fruchtwasser in diesem Fall am wahrscheinlichsten?
Antwort 5
- Relative uteroplazentare Insuffizienz
- Hypoxischer Stress durch die Gabe von Prostaglandin