Einleitung
Brände entstehen oft unerwartet, durch technische Defekte, menschliches Fehlverhalten oder leicht entzündliche Materialien. Sie bedrohen nicht nur Gebäude und Sachwerte, sondern v.a. Menschenleben. Ob im Krankenhaus, in der Schule, im Büro, in der Industrie oder zu Hause: Ein effektiver Brandschutz ist überall entscheidend, um Risiken frühzeitig zu erkennen, Schäden zu vermeiden und im Ernstfall richtig zu handeln.
Unabhängig davon, in welchem Berufsfeld oder Umfeld du tätig bist, trägst du Verantwortung für dich selbst und andere. Schon durch aufmerksames Verhalten und grundlegendes Wissen über Brandschutzmaßnahmen kannst du aktiv dazu beitragen, Brände zu verhindern und Leben zu retten.
In diesem Kapitel lernst du:
- Welche Bedingungen zur Entstehung eines Brandes notwendig sind
- Welche typischen Brandrisiken es in verschiedenen Lebens- und Arbeitsbereichen gibt
- Welche Sofortmaßnahmen bei Verbrennungen und Rauchvergiftungen wichtig sind
- Wie du mit brennbaren Flüssigkeiten und Abfällen fachgerecht umgehst
- Wie du dich im Ernstfall richtig verhältst, von der Alarmierung bis zur Evakuierung
- Welche Sicherheitszeichen im Gebäude beachtet werden müssen
- Warum regelmäßige Unterweisungen und persönliches Verantwortungsbewusstsein unerlässlich sind
Grundlagen des Brandschutzes
Voraussetzungen für einen Brand: Branddreieck
Ein Brand kann nur entstehen, wenn drei Elemente zusammenkommen:
- Ein brennbarer Stoff (z.B. Papier, Alkohol, Textilien)
- Eine Zündquelle (z.B. Funken, Flammen, defekte Elektrogeräte)
- Sauerstoff (in der Luft oder aus Sauerstoffsystemen)
Dieses sog. „Branddreieck“ ist die Grundlage jeder Brandentstehung. Wird ein Element entfernt, kann kein Feuer entstehen!
Ergänzend betrachtet man heute 2 weitere Faktoren, die zur Ausbreitung und Aufrechterhaltung eines Brandes beitragen:
- Zündfähige Mischung: Mischung aus brennbarem Stoff und Sauerstoff in zündfähiger Konzentration
- Kettenreaktion: Selbsterhaltender Verbrennungsprozess, der das Feuer fortlaufend speist, solange Brennstoff und Sauerstoff vorhanden sind
Unterschiedliche Entzündbarkeit von Materialien
Nicht alle Stoffe sind gleich leicht entzündbar. Besonders sorgfältig und vorsichtig solltest du mit folgenden Materialien umgehen:
- Leicht entzündliche Flüssigkeiten wie Alkohol, Desinfektionsmittel, Benzin oder Lösungsmittel
- Gase wie Sauerstoff, Propan oder Butan
- Leicht entflammbare Feststoffe wie Papier, Textilien, Verpackungen oder Holzspäne
- Fette und Öle in z.B. Küchenbereichen, insb. in Verbindung mit Hitze (z.B. Fritteusenfett)
Besonders in Pflegeeinrichtungen und Kliniken ist aufgrund der häufigen Verwendung von alkoholischen Desinfektionsmitteln und Sauerstoff erhöhte Wachsamkeit geboten!
Häufige Brandursachen in Kliniken und Pflegeeinrichtungen
- Defekte Elektrogeräte: Etwa beschädigte Kabel, nicht geprüfte Privatgeräte oder überlastete Mehrfachsteckdosen
- Glutreste in Abfalleimern: Bspw. durch Zigarettenkippen
- Offene Flammen: Etwa durch Kerzen oder unzulässige Geräte auf Station
- Technische Funkenbildung: Durch Schweißarbeiten, Flexen, Lötarbeiten (sog. Heißarbeiten)
- Entflammbare Stoffe: Bspw. Desinfektionsmittel, Sauerstoff, Alkohole, Textilien
- Fehlerhafte Lagerung: Stapelweise Kartons, Papier oder Textilien ohne Sicherheitsabstand
- Funktionsbeeinträchtigte Schutzeinrichtungen: Bspw. verkeilte Brandschutztüren oder verstaubte, deaktivierte Rauchmelder
- Sauerstoffanreicherung: Durch unsachgemäßen Umgang mit O2-Flaschen oder -Leitungen in Kombination mit Zündquellen
Heißarbeiten wie Schweißen, Brennschneiden oder Löten dürfen nur von autorisiertem Personal durchgeführt werden – oft mit schriftlicher Genehmigung (z.B. Schweißschein). Brennbare Materialien müssen im Umkreis entfernt oder abgedeckt sein; Löschmittel müssen bereitstehen.
Schon ein kleiner technischer Defekt oder ein unsachgemäßes Verhalten kann eine große Gefahr darstellen, insb. in patientennahen Bereichen!
Gefahren, die von Feuer ausgehen
Ein Brand gefährdet nicht nur unmittelbar das Leben, sondern kann auch mittel- und langfristig Folgen haben:
- Verbrennungen (je nach Schweregrad lebensgefährlich)
- Rauchvergiftung durch toxische Gase (z.B. Kohlenmonoxid, Cyanide)
- Hitzeschäden durch hohe Umgebungstemperaturen
- Panik und psychische Belastung durch Flucht- oder Rettungssituationen
- Evakuierung und Betriebsunterbrechung mit Gefahr für Patient:innen
- Zerstörung medizinischer Infrastruktur
Brandschutzmaßnahmen in der Praxis
Was gehört zum vorbeugenden Brandschutz?
- Installation von Rauchmeldern, Brandmeldern und Sprinkleranlagen
- Verwendung geprüfter und zugelassener Elektrogeräte
- Sichere Lagerung brennbarer Materialien
- Klare Fluchtwegkennzeichnung und funktionale Notbeleuchtung
- Unterweisung und Schulung aller Mitarbeitenden
- Bestellung von Brandschutzbeauftragten und Evakuierungshelfer:innen
- Trennung von Brandabschnitten durch feuerfeste Türen und Wände
Brandschutztüren dürfen nie verkeilt oder offenstehen, auch nicht „nur kurz“. Sie verhindern die Ausbreitung von Feuer und Rauch!
Umgang mit brennbaren Flüssigkeiten
- Lagerung
- Möglichst im Originalbehälter
- Alternativ in bruchfesten, dicht verschlossenen und gut beschrifteten Ersatzbehältern
- Nicht in Fluren, Dachböden, Heizräumen oder Garagen
- Sicherheitsabstand zu Zündquellen
- Kontakt mit offenen Flammen, heißen Oberflächen oder Funken unbedingt vermeiden
- Ausreichende Belüftung sicherstellen
- Entsorgung
- Reste fachgerecht und umweltgerecht beseitigen
- Niemals über Toiletten oder Abflüsse entsorgen
- Regeln
- Täglich entsorgen, nicht ansammeln lassen
- In nicht-brennbaren, selbstschließenden oder verschließbaren Behältern entsorgen
Der beste Brand ist der, der gar nicht erst entsteht. Der vorbeugende Brandschutz umfasst alle Maßnahmen, die Brände verhindern und ihre Ausbreitung bereits im Vorfeld einschränken!
Was soll ich tun im Brandfall? (Abwehrender) Brandschutz
Der abwehrende Brandschutz greift dann, wenn ein Brand bereits ausgebrochen ist. Ziel ist es, Schäden zu minimieren und Menschenleben zu retten.
- Brand erkennen und melden
- Ruhe bewahren und sofort den Brand melden (Notruf 112)
- Klare Angaben machen
- Wo genau brennt es?
- Was genau brennt?
- Wie groß ist das Feuer?
- Welche zusätzlichen Gefahren bestehen (z.B. Gasleitungen, Sauerstoffflaschen)?
- Auf Rückfragen der Leitstelle warten und präzise antworten
- Alarm auslösen
- Bei Rauch oder Brand sofort den nächstgelegenen Brandmelder betätigen (rote Kästen)
- Alarmierungen erfolgen über Sirenen, Blitzlichter oder akustische Signale
- Nach der Alarmauslösung gemäß interner Anweisung handeln: Geräte abschalten oder in Notbetrieb versetzen, Kolleg:innen informieren
- Jede Person darf und soll im Ernstfall den Alarm auslösen, warte nicht auf eine Anweisung!
- Aber Achtung: Überlasse die Löschversuche dem geschulten Personal
- Evakuierung durchführen
- Ruhig bleiben, keine Panik verbreiten
- Den kürzesten, sicheren Fluchtweg nehmen und andere Personen zur Evakuierung auffordern
- Bei starker Rauchentwicklung gebückt gehen oder kriechen
- Rauchgefüllte Bereiche unbedingt meiden und Alternativrouten nutzen
- Hilfsbedürftige und immobile Patient:innen aktiv unterstützen
- Keine Aufzüge benutzen, ausschließlich Treppenhäuser und markierte Notausgänge verwenden
- Fenster und Türen schließen (nicht verschließen!), um die Sauerstoffzufuhr zu verringern
- Falls möglich, persönliche oder wichtige Wertsachen schnell mitnehmen, aber keine Zeit verlieren
- Am ausgewiesenen Sammelpunkt melden und Anwesenheit feststellen lassen
- Löschen des Brandes (nur bei kleinem Brand und ohne Eigengefährdung)
- Geeigneten Feuerlöscher (nach Brandklasse) auswählen
- Feuerlöscher entsichern (Sicherung ziehen), Schlauch oder Düse auf das Brandgut richten und Hebel drücken
- Brandgut direkt löschen, nicht nur die Flammen
- Reserven im Feuerlöscher für weitere Brandausbrüche zurückhalten
- Feuerstelle nach dem Löschen beobachten, um erneute Entzündung zu verhindern
- Bereich sichern
- Zugangswege für die Feuerwehr frei halten
- Den betroffenen Bereich nicht wieder betreten, bis Entwarnung durch Einsatzkräfte gegeben wurde
- Feuerwehr einweisen
- Lage des Brandes
- Fehlende oder eingeschlossene Personen
- Besonderheiten vor Ort (z.B. Lagerung von brennbaren Stoffen, medizinischem Sauerstoff, Chemikalien)
- Anweisungen der Feuerwehr unbedingt Folge leisten und unterstützen
Hinweise zur Brandvermeidung und Löschmittelauswahl
Brandklassen und geeignete Löschmittel (nach DIN EN 2) | ||||
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Brandklasse | Brennende Stoffe | Typisches Brandverhalten | Geeignete Löschmittel | Besonderheiten |
A | Holz, Papier, Textilien, Kohle, nicht-schmelzende Kunststoffe | Flammen- und Glutbildung | Wasser, Schaum, ABC-Pulver | Rückstandsfreie Löschung mit Wasser möglich (nur bei festen, organischen Stoffen) |
B | Benzin, Alkohol, Lacke, schmelzende Kunststoffe | Flammenbildung | Schaum, CO2, BC-/ABC-Pulver | Kein Wasser verwenden – Gefahr von Feuerausbreitung oder Explosion! |
C | Propan, Butan, Methan, Wasserstoff | Flammen ohne Glut | BC-/ABC-Pulver | Nicht mit Wasser oder Schaum löschen – erhöhtes Explosionsrisiko |
D | Magnesium, Aluminium, Lithium | Glühende Verbrennung, sehr hohe Hitze | Metallbrandpulver, trockener Sand | Wasser oder Schaum sind gefährlich – können zu Explosionen führen; Brand durch Abdecken ersticken |
F | Speiseöle und -fette (in Fritteusen) | Fettexplosion bei Wasser | Fettbrandlöscher | Explosionsgefahr bei Wasserkontakt – spezielle Feuerlöscher erforderlich |
Eigene Löschversuche sind nur sinnvoll, wenn kein Risiko für die eigene Sicherheit besteht!
- Kennzeichnung: Feuerlöscher sind nach DIN EN 3-7 mit Symbolen für Brandklassen (A–F) eingeteilt
- A: Flamme über Holzstapel
- B: Flamme über Flüssigkeitspfütze
- C: Flamme über Gasflasche
- D: Flamme über Metallspäne
- (E: Existiert nicht mehr)
- F: Flamme über Fritteuse
- Elektrische Anlagen: Abstand von 1 m zu elektrischen Geräten mit bis zu 1.000 V einhalten
- Gefährdungsbeurteilung: Arbeitgeber:innen sind zur Bewertung möglicher Brandrisiken verpflichtet
Wichtige Erste-Hilfe-Maßnahmen im Überblick
- Bei Verbrennungen
- Eigenschutz beachten, Gefahrenbereich verlassen oder sichern
- Bei kleineren Verbrennungen: Sofort mit lauwarmem Wasser (ca. 10–20°C) kühlen. bis Schmerzen nachlassen (max. 10 min)
- Bei großflächigen Verbrennungen: Nicht kühlen, da sonst die Gefahr einer Unterkühlung besteht
- Keine anhaftende Kleidung entfernen, keine Cremes oder Salben auftragen
- Brandwunden steril und locker abdecken (z.B. mit sterilen Kompressen oder metallbeschichteten Verbandtüchern)
- Notruf (112) wählen, betroffene Person beruhigen, ggf. vor Unterkühlung schützen (Rettungsdecke)
- Bei Rauchvergiftung
- Betroffene Person an die frische Luft bringen
- Betroffene Person möglichst sitzend oder mit erhöhtem Oberkörper lagern
- Atemwege kontrollieren, ggf. beengende Kleidung öffnen
- Bei Bewusstlosigkeit, aber vorhandener Atmung: Stabile Seitenlage
- Bei Atemstillstand: Sofort mit Herz-Lungen-Wiederbelebung beginnen
- Sofort Notruf (112) absetzen, auch bei scheinbar leichter Rauchvergiftung ärztliche Kontrolle sicherstellen, da Symptome verzögert auftreten können
Was passiert nach dem Brand?
Sobald die Einsatzkräfte Entwarnung geben, gelten folgende Maßnahmen:
- Brandbereich ausreichend lüften, um Rauch und Schadstoffe zu entfernen
- Löschwasserreste fachgerecht aufnehmen und entsorgen, ggf. durch Reinigungsdienst oder Fachfirma
- Verwendete Feuerlöscher nicht zurück an den Platz hängen, sondern prüfen und neu befüllen lassen
- Elektrische Anlagen und betroffene Geräte durch Fachpersonal überprüfen lassen, bevor sie wieder in Betrieb genommen werden
- Brandmelder, Alarmsysteme und andere Brandschutzeinrichtungen auf Funktionsfähigkeit kontrollieren und ggf. instand setzen lassen
Organisation des Brandschutzes
Pflichtunterweisungen
Gemäß Arbeitsschutzgesetz (§ 12 ArbSchG) müssen alle Mitarbeitenden einmal jährlich eine Brandschutzunterweisung erhalten. Diese ist arbeitsplatzspezifisch und muss dokumentiert werden.
Wer ist wofür zuständig? Rollen im Brandschutz
- Brandschutzbeauftragte
- Organisieren und überwachen den betrieblichen Brandschutz
- Aufgaben sind u.a.
- Erstellung und Aktualisierung der Brandschutzordnung (Teil A–C)
- Beratung der Unternehmensleitung
- Organisation von Brandschutzkontrollen, Übungen und Schulungen
- Brandschutzhelfer:innen
- Unterstützen im Brandfall bei der Evakuierung, helfen beim Einsatz von Feuerlöschern und kennen die Flucht- und Rettungswege
- Nehmen regelmäßig an praktischen Unterweisungen teil
- Alle Mitarbeitenden
- Sind verpflichtet,
- an Unterweisungen teilzunehmen
- sich mit Fluchtwegen, Brandschutzzeichen und Verhaltensregeln vertraut zu machen
- Auffälligkeiten zu melden und im Ernstfall umsichtig zu handeln (z.B. Alarm auslösen, Fluchtwege freihalten, Rauchwarnungen beachten)
- Sind verpflichtet,
Nur wer den Feuerlöscher einmal praktisch verwendet hat, kann ihn im Notfall auch korrekt einsetzen!
Orientierung im Notfall: Fluchtwege, Feuerlöscher und Brandschutzordnung
Jedes Gebäude hat andere Fluchtwege und Feuerlöscher und im Notfall bleibt wenig Zeit solche Informationen nachzuschauen. Nimm dir die Zeit, die Aushänge für deinen Arbeitsbereich zu lesen. Diese befinden sich entweder hier unter „Geteilte Notizen“ oder gut sichtbar in dem entsprechenden Arbeitsbereich. Bei Unsicherheiten kann der zuständige Brandschutzbeauftragte weiterhelfen.
Kennzeichnung im Gebäude – worauf du achten solltest
- Wo befinden sich Feuerlöscher, Wandhydranten und Notausgänge?
- Wie sind Flucht- und Rettungswege gekennzeichnet?
- Wo ist dein nächster Sammelpunkt?
Wenn Sicherheitskennzeichnungen fehlen, unklar oder beschädigt sind, melde das unbedingt der Führungskraft!
Die Brandschutzordnung
In jeder Einrichtung hängt eine sogenannte Brandschutzordnung aus, meist in stark frequentierten Fluren. Diese besteht aus drei Teilen:
- Teil A: Verhalten im Brandfall (für alle Personen im Gebäude)
- Teil B: Aufgaben und Pflichten bestimmter Personengruppen (z.B. Brandschutzhelfer:innen)
- Teil C: Detaillierte Regelungen für bestimmte Arbeitsbereiche und Tätigkeiten