Zusammenfassung
Notfallsituationen können in allen Bereichen der Pflege auftreten. Dieses Kapitel gibt einen Überblick über die wichtigsten Notfälle, deren Leitsymptome und die entsprechenden Erstmaßnahmen. Um Notfälle strukturiert und sicher erkennen und abarbeiten zu können, ist das Vorgehen nach dem cABCDE-Schema empfehlenswert. Die Herangehensweise entspricht dabei dem Motto „Treat first what kills first“. Mithilfe einer Prioritätenliste kann so in stressigen Situationen der aktuelle Zustand der betroffenen Person überprüft und ggf. vorliegende Probleme in der richtigen Reihenfolge behandelt werden.
Voraussetzung für ein effektives Notfallmanagement ist das regelmäßige Üben (im Team) lebensrettender Maßnahmen wie den Basismaßnahmen der Reanimation (Basic Life Support), der stabilen Seitenlage oder einer suffizienten Blutstillung.
Jede Pflegefachkraft ist dazu verpflichtet, sich vor Beginn einer Tätigkeit mit den aktuellen Gegebenheiten vertraut zu machen. Dazu gehören neben den internen Notfallnummern auch die Lagerungsorte und spezifischen Eigenschaften des Notfallequipments. Im Notfall darf keine Zeit durch das Suchen von Equipment verloren gehen.
Hilfe sollte immer frühzeitig angefordert werden, eine (potenziell) lebensbedrohliche Notfallsituation ist alleine nicht beherrschbar.
Grundlagen
Mit folgenden Gegebenheiten muss sich die Pflegefachperson vor jeder Tätigkeit vertraut machen:
- Klinikinterne und stationsbezogene Gegebenheiten verinnerlichen
- Notrufnummern kennen
- Nummer des Notfall-/Reanimationsteams
- Nummer des/der diensthabenden Arztes/Ärztin
- Notruf Feuerwehr/Rettungsdienst (112)
- Notrufauslösung über die Patientenrufanlage
- Notfallequipment
- Defibrillator
- Notfalltasche/-wagen
- Sauerstoffflaschen
- Absauggerät
- Notrufnummern kennen
- Häufig vorkommende Notfälle oder zu erwartende Notfälle antizipieren
- Notfälle, die aufgrund der Fachrichtung der Station häufiger vorkommen
- Notfälle, die bei bestimmten Patient:innen zu erwarten sind
- Akute Probleme, die von der Pflegefachperson der vorherigen Schicht übergeben wurden
- Rechtliche Rahmenbedingungen und eigenen Kompetenzbereich kennen
- Maßnahmen des Basic Life Supports sind von allen Mitarbeiter:innen unverzüglich bis zum Eintreffen des ärztlichen Personals durchzuführen
- Welche Maßnahmen dürfen bzw. müssen ohne ärztliche Anordnung durchgeführt werden? Hausinterne Standards beachten!
- Dokumentierten Patientenwillen kennen
- Pflichtfortbildungen: Jährliche Reanimationsfortbildungen
- Siehe auch: Reanimation - AMBOSS-SOP
- Hilfreiche Schemata zur strukturierten Einschätzung, Abarbeitung und Übergabe in Notfallsituationen
Ersteinschätzung
- Überblick über die Situation verschaffen, bspw.
- Was ist passiert?
- Wer ist betroffen?
- Unterstützung holen (lassen): Ggf. frühzeitig und je nach Bedarf weiteres Personal hinzuziehen
- (Fach‑)Ärztliches Personal
- Zusätzliche Pflegefachpersonen
- Ggf. weitere Unterstützung (bspw. Sicherheitsdienst, Polizei)
- Sofortmaßnahmen treffen
- Sofortiges Handeln notwendig?
- Eigenschutz beachten
- Ggf. Notfallequipment holen (lassen)
Hole frühzeitig Unterstützung und informiere das ärztliche Personal! Ein lebensbedrohlicher Notfall ist alleine nicht zu bewältigen!
Erstmaßnahmen bei Zustand nach Trauma
Innerklinisch ist ein schweres Trauma selten, kann aber bspw. nach Stürzen auftreten. Wird eine Person nach einem Sturz wach vorgefunden, sollten vor dem Aufhelfen schwerere Verletzungen, insb. eine mögliche Wirbelsäulenverletzung, bedacht werden. Gibt es Anhaltspunkte für schwerere Verletzungen, sollte die Person nicht bewegt werden, bis ärztliches Personal vor Ort ist, um die Situation einzuschätzen. Für tiefergehende Informationen siehe auch: Wirbelsäulenverletzungen.
- Verdacht auf Wirbelsäulenverletzung
- Patient:innen nicht bewegen, bis ein wirbelsäulenschonender Transfer mit mehreren Personen möglich ist
- Bei Schmerzen im HWS-Bereich zusätzlich
- Manuelle Fixierung
- Zusätzliche HWS-Schienung bei entsprechender Verletzung nach ärztlicher Anordnung : Anlage einer Zervikalstütze (bspw. Stifneck®)
cABCDE-Schema
- Grundidee
- Leitfaden für die systematische, strukturierte Einschätzung und Versorgung von Notfallpatient:innen
- Vitale Bedrohung erkennen und behandeln
- Einzelne Buchstaben stehen jeweils für einen bestimmten Teil der Patientenuntersuchung
- Reihenfolge ergibt sicht aus der Gefahr, die durch Probleme in den einzelnen Kategorien droht („Treat first what kills first.“)
- Durch konsequentes Abarbeiten des Schemas wird nichts übersehen und Fixierungsfehler können vermieden werden
- Vorgehen
- Strukturiertes Abarbeiten der einzelnen Punkte
- Wird in einer Kategorie ein kritisches Problem festgestellt, muss dieses zunächst behoben werden, bevor es zur nächsten Kategorie weitergeht
- Erneuter Beginn bei Verschlechterung des Patientenzustands im Verlauf
- Wird die Situation als kritisch eingeschätzt, sollten nicht mehr als 15 min für die Abarbeitung des Schemas und die Einleitung der nächsten Schritte vergehen
„c" - Critical Bleeding
- Das kleine „c“ (in manchen Schreibweisen auch „x“ ) vor ABCDE steht für „Critical Bleeding“
- Ist auf den ersten Blick eine lebensbedrohliche Blutung erkennbar?
- Bei Vorliegen ist hier bereits klar, dass die Situation kritisch ist
- Priorität haben dann blutstillende Maßnahmen
- Kleinere Blutungen können vernachlässigt werden, bis in den anderen Kategorien eine erste Einschätzung des Patientenzustands erfolgt ist
Symptome einer lebensbedrohlichen Blutung
- Großer Blutverlust auf den ersten Blick sichtbar
- Offene Verletzungen
- Große Blutmengen in Drainagen oder VACs
- Hämatome
- Blutungen aus arteriellen oder venösen Zugängen
Erstmaßnahmen
- Hochlagern der betroffenen Extremität
-
Blutstillung durch Kompression
- Manuelle Druckausübung
- Anlage eines Druckverbands
- Vermutete oder bestätigte instabile Beckenverletzung: Anlage einer Beckenschlinge
- Für weitergehende Maßnahmen siehe auch: Notfallmanagement - Critical Bleeding
Um Nachblutungen nach OPs oder anderen Eingriffen wie Herzkatheteruntersuchungen nicht zu übersehen, sollte zu Beginn der Ersteinschätzung immer die Bettdecke entfernt und alle Drainagebehälter auf die enthaltene Blutmenge geprüft werden!
"A" - Notfallsituationen der Atemwege (Airway)
Notfallsituationen der Atemwege sind akut lebensbedrohlich und müssen sofort behandelt werden. Meist handelt es sich dabei um eine Atemwegsverlegung. Obwohl „A“ und „B“ getrennte Kategorien im cABCDE-Schema sind, prüft man bei „A“ automatisch Teile von „B“ mit. Es geht hier insb. darum, dass ein „A“-Problem vor einem „B“-Problem behoben werden soll.
Wichtigste Frage zu „A“: Sind die Atemwege frei?
Symptome einer Atemwegsverlegung
- (Starker) Hustenreiz
- Heiserkeit
- Dyspnoe
- Zyanose
- Schnarchen
- In- und exspiratorischer Stridor
- Somnolenz, Sopor oder Koma
Diagnostik
- Inspektion des Mundraums mit Fokus auf
- Beobachtung auf pathologische Atemgeräusche
- Pulsoxymetrie: Ggf. Hypoxie
- Siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Beobachten der Atmung
Erstmaßnahmen
- Fremdkörperaspiration
- Bei sichtbarem Fremdkörper: Versuch der Entfernung
- CAVE: Kein blindes Greifen in den Rachen!
- Effektiver Hustenreiz: Abwarten auf Abhusten des Fremdkörpers
- Dabei stete Beobachtung des Bewusstseins
- Ineffektiver Hustenreiz
- Intaktes Bewusstsein
- Kind/Säugling: Lagerung in Kopftief- und Bauchlage auf Schoß oder Unterarm, Kopf stabilisieren und mit dosierten Schlägen auf den Rücken zwischen die Schulterblätter versuchen, den Fremdkörper zu mobilisieren
- Erwachsene: Dosierte Schläge auf den Rücken zur Unterstützung des Hustens; die betroffene Person beugt sich dabei am besten vorn über
- Wenn erfolglos, im Wechsel mit folgenden Maßnahmen
- Bei älteren Kindern und Erwachsenen: 5× Heimlich-Manöver : Intrapulmonale Druckerhöhung durch mehrere ruckartige manuelle Oberbauchkompressionen mit dem Ziel der Mobilisation und Expektoration des Fremdkörpers
- Bei Säuglingen: 5× Thoraxkompression in Kopftief- und Rückenlage , bis effektiver Husten eintritt bzw. Fremdkörper entfernt ist
- Bewusstlosigkeit: Reanimation, siehe auch:
- Intaktes Bewusstsein
- Siehe auch: Notfallmanagement der Fremdkörperaspiration
- Bei sichtbarem Fremdkörper: Versuch der Entfernung
- Erbrochenes oder Blut in den Atemwegen
- Absaugen der Atemwege
- Siehe: AMBOSS-Pflegewissen: Absaugen der Atemwege
- Atemwegsverlegung durch geschwollene Atemwege
- Applikation abschwellender Medikamente nach ärztlicher Anordnung
- Tracheotomierte Patient:innen mit V.a. Atemwegsverlegung durch Sekret
- Absaugen über das Tracheostoma
- Bewusstlosigkeit
- Freimachen der oberen Atemwege
- Mund öffnen
- Inspektion der einsehbaren Atemwege
- Absaugen / sichtbare Fremdkörper entfernen
- Nacken überstrecken (nicht bei unklarem HWS-Trauma!)
- Reklination des Kopfes (nicht bei unklarem HWS-Trauma!)
- Offenhalten der oberen Atemwege
- Esmarch-Handgriff
- Mit beiden kleinen Fingern in die Kieferwinkel greifen
- Unterseite des Unterkiefers mit Ring-, Mittel- und Zeigefinger umfassen
- Beide Daumen auf dem Kinn platzieren und Mund durch sanften Druck öffnen
- Unterkiefer mit beiden Händen vorsichtig nach vorn schieben
- Ggf. Einlage von Guedel- und Wendltubus (mögliche orale bzw. frontobasale Verletzungen bedenken!)
- Anlage eines oropharyngealen Guedel-Tubus
- Anlage eines nasopharyngealen Wendl-Tubus
- Siehe auch: Einlage von Guedel- und Wendltubus - AMBOSS-SOP
- Esmarch-Handgriff
- Freimachen der oberen Atemwege
- Siehe auch: Notfallmanagement - Airway
Als Erstmaßnahme sollten nur unmittelbar sichtbare Fremdkörper entfernt werden! Kein blindes Greifen in den Rachen!
Nach dem Freimachen der Atemwege sollte nach ärztlicher Anordnung die schnellstmögliche Gabe von Sauerstoff mit hoher Flussrate erfolgen!
Krankheitsbilder
- Fremdkörperaspiration
- Aspiration von Erbrochenem oder Blut
- Sekretverlegter Atemweg bei tracheotomierten Patient:innen
- Bewusstlosigkeit (Atemwegsverlegung durch Zunge)
- Lokale Entzündung im Bereich der Atemwege
- Tumor im Bereich der Atemwege
- Anaphylaxie (Angioödem)
- Krupp-Syndrom
Prävention
"B" - Notfallsituationen der Atmung (Breathing)
Notfallsituationen rund um die Atmung haben als Leitsymptom die Dyspnoe. Meist sind Erkrankungen oder Verletzungen der Lunge hauptursächlich. Eine insuffiziente Atmung kann aber auch die Folge von Störungen im Herz-Kreislauf-System, neurologischen Erkrankungen, allergischen Reaktionen oder Intoxikationen sein . Wichtigste Ziele bei der Erstversorgung sind die Identifikation der Ursache und das Anstreben einer (alters- bzw. patientenabhängigen) Normoxie.
Wichtigste Fragen zu „B“: 1. Ist eine Atmung vorhanden? 2. Ist die Atmung suffizient?
1. Atmung vorhanden?
- Ansprache, Reaktion testen
- Bei einer bewusstlosen Person
- Freimachen der Atemwege (Kopf überstrecken, Kinn anheben)
- Überprüfen der Atmung für max. 10 s
- Ist keine Atmung oder nur eine Schnappatmung feststellbar , wird mit der Reanimation begonnen (im Zweifel so verfahren, als wäre keine Atmung vorhanden)
- Siehe auch: Basic Life Support (BLS)
- Siehe auch: Reanimation - AMBOSS-SOP
Wird ein Atemstillstand festgestellt, muss umgehend mit der Reanimation begonnen werden!
Eine agonale Atmung (Schnappatmung) ist mit einem Atemstillstand gleichzusetzen und stellt eine Reanimationssituation dar!
2. Atmung suffizient?
Symptome einer insuffizienten Atmung
- Dyspnoe
- Erstickungsangst
- Unruhe
- Zyanose
- Pathologische Atemfrequenz (Bradypnoe, Tachypnoe)
- Pathologische Atemgeräusche (Stridor, Giemen, Rasseln, Brodeln)
- Sehr tiefe oder flache Atmung
- Verstärkte Atemarbeit
- Starker Husten, ggf. mit vermehrtem Auswurf oder Hämoptysen
- Pathologische Atemmuster
Diagnostik
- Pulsoxymetrie: Hypoxie und Tachykardie als weitere Symptome einer insuffizienten Atmung
- Arterielle BGA: Durch ärztliches Personal oder über liegenden arteriellen Katheter
- Anamnese: Bspw. mittels SAMPLE-Schema, insb.
- Siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Überwachen der Atmung
Erstmaßnahmen
- Für Erstmaßnahmen siehe: AMBOSS-Pflegewissen: Dyspnoe
- Siehe auch:
Krankheitsbilder
Im Folgenden sind die häufigsten Ursachen einer akuten „B“-Problematik mit häufigen Krankheitsbildern aufgelistet.
- Atemwegsverlegung
- Verlegtes Tracheostoma
- Fremdkörperaspiration
- Bronchialobstruktion
- Asthma bronchiale, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Asthma bronchiale
- COPD, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: COPD
- Akute Bronchitis, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Akute Bronchitis
- Erkrankungen des Lungengewebes
- Pneumonie, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Pneumonie
- Lungenödem
- Erkrankungen der Pleura
- Pleuraerguss, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Pleuraerguss
- Pneumothorax, insb. Spannungspneumothorax, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Pneumothorax und Spannungspneumothorax
- Verminderte Durchblutung der Lunge
- Lungenembolie, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Lungenembolie und Lungenembolie - AMBOSS-SOP
- Im Rahmen einer Kreislaufinsuffizienz
- Intoxikation: Opiatintoxikation
Bei einer fulminanten Lungenembolie handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Notfall! Es kommt nicht nur zu einem B-Problem, sondern gleichzeitig auch zu einem Herz-Kreislauf-Versagen (C-Problem).
Prävention
Da eine akute Atemnot die verschiedensten Ursachen haben kann, existieren keine allgemeingültigen Präventionsmaßnahmen. Je nach Grunderkrankung der Patient:innen können individuell angepasste Präventionsmaßnahmen sinnvoll sein.
- Bedarfsmedikation sollte immer ausreichend vorhanden sein (bspw. Asthmaspray bei Asthmatikern)
- Sauerstoffgeräte sollten regelmäßig gewartet werden und über ausreichend Sauerstoff verfügen
- Atemerleichternde Lagerungen
- Atemtraining, regelmäßige therapeutische Atemtherapie
- Bedarfsgerechtes Absaugen bei Tracheostoma
- Siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Pneumonieprophylaxe
- Siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Pflege bei Atemwegserkrankungen
Zu häufiges Absaugen kann zu gesteigerter Schleimproduktion führen, daher gilt: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“!
"C" - Notfallsituationen des Kreislaufs (Circulation)
Eine Notfallsituation des Kreislaufs ist definiert als Störung der Kreislauffunktion, durch die eine ausreichende Organ- und Gewebedurchblutung nicht mehr gewährleistet ist. Meist liegen dieser Störung Herzfunktionsstörungen oder ein (relatives) Volumendefizit zugrunde. Aber auch eine Sepsis oder eine schwere allergische Reaktion können zu einer Kreislaufinstabilität bis hin zum Schock führen. Da ein Schock mit einer hohen Letalität einhergeht, sind das frühzeitige Erkennen und eine rasche Behandlung essenziell. In die Kategorie Notfallsituationen des Kreislaufs fällt auch der hypertensive Notfall.
Wichtigste Frage zu „C“: Ist der Kreislauf stabil?
Symptome eines insuffizienten Kreislaufs
- Blässe
- Kaltschweißigkeit
- Schwindel
- Kollapsneigung bis zur Bewusstlosigkeit
- Gestaute Halsvenen
- Vigilanzminderung
- Kalte Extremitäten
- Verlängerte Rekapillarisierungszeit
- Große sichtbare Hämatome oder große Blutmenge in Verbänden oder Drainagesystemen
Diagnostik
- „Pulsgriff“ : Sofortiger Überblick über
- Körpertemperatur: Überwärmt oder kalt
- Haut: Schweißig oder trocken
-
Herzfrequenz:
- Normale, verringerte oder erhöhte Frequenz
- Rhythmisch oder arrhythmisch
- Monitoring
- Blutdruck: Hypotonie, seltener Hypertonie
- Herzfrequenz: Tachykardie oder Bradykardie möglich
- spO2: Evtl. Hypoxie
- EKG : Ggf. Herzrhythmusstörungen, Zeichen eines Myokardinfarkts
Die Kombination aus Hypotonie und Tachykardie weist auf einen Schock hin!
Erstmaßnahmen
- Ggf. Blutstillung
- Bei einer Blutung aus einer Extremität: Hochlagern, Druckverband , evtl. Tourniquet
- Bei einer Blutung aus Thorax oder Abdomen: Manuell Druck auf die blutende Stelle ausüben
- Positionierung
- Bei V.a. hypovolämischen Schock: Schocklagerung
- Bei V.a. kardiogenen Schock: Symptomorientierte Positionierung, bspw. Herzbettpositionierung
- Keine Schocklagerung bei V.a. Schädelhirntrauma, Beckenverletzung oder rupturiertes Bauchaortenaneurysma (permissive Hypotension beachten)
- Großlumige intravenöse Zugänge legen (lassen) und ggf. Blutentnahme nach ärztlicher Anordnung
- Sauerstoffgabe nach ärztlicher Anordnung
- Arterielle BGA: Durch ärztliches Personal oder über liegenden arteriellen Katheter
- Medikamente nach ärztlicher Anordnung vorbereiten
- Siehe auch:
Krankheitsbilder
Im Folgenden sind die häufigsten Ursachen einer akuten „C“-Problematik mit häufigen Krankheitsbildern aufgelistet.
- Erkrankungen des Herzkreislaufsystems → Kardiogener Schock
- Myokardinfarkt, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Myokardinfarkt
- Akute Herzinsuffizienz, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Herzinsuffizienz
- Herzrhythmusstörungen
- Lungenembolie, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Lungenembolie
- Hypertensiver Notfall, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Erstmaßnahmen bei hypertensiver Entgleisung und hypertensivem Notfall
- Blutverlust → Hypovolämischer Schock
- Trauma
- (Nach‑)Blutung im Rahmen von OPs (inkl. minimalinvasiver Interventionen)
- Gastrointestinale Blutung
- Aortendissektion
- Volumenverlust → Hypovolämischer Schock
- Massives Erbrechen und/oder Durchfall
- Großflächige Verbrennungen
- Allergische Reaktion → Anaphylaktischer Schock, siehe auch: Anaphylaxie
- Sepsis → Septischer Schock
- Neurologische Erkrankungen → Neurogener Schock
- Schädelhirntrauma
- Hirnblutung
- Rückenmarksverletzungen → Spinaler Schock
Prävention
Im Folgenden sind einige grundsätzliche Präventionsmaßnahmen aufgelistet.
- Risikofaktoren für die Entstehung von Herzkreislauferkrankungen reduzieren
- Konsequente Therapie bekannter Herzkreislauferkrankungen
- Siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Sturzprophylaxe
- Siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Herz-, Kreislauf- und Gefäßerkrankungen
"D" - Notfallsituationen des Nervensystems (Disability)
Notfallsituationen der Kategorie „D“ sind definiert als Defizit des zentralen Nervensystems, dem ein potenziell lebensbedrohliches Krankheitsbild zugrunde liegt oder das zu einer dauerhaften Einschränkung führen kann. In die Kategorie „Notfallsituationen des Nervensystems“ fallen auch akute psychiatrische Störungen, die mit einer Eigen- oder Fremdgefährdung einhergehen. Ursächlich können sowohl ein akutes Geschehen im Gehirn selbst als auch hämodynamische, metabolische oder toxische Störungen sein. Liegt eines der folgenden neurologischen Leitsymptome vor, bedarf es einer zeitnahen und gründlichen Abklärung.
Wichtigste Frage zu „D“: Besteht ein akutes neurologisches Defizit?
Symptome eines neurologischen Defizits
- Quantitative Bewusstseinsstörung: Hat die betroffene Person eine Vigilanzminderung? Wenn ja, wie schwerwiegend ist diese?
- Testen der Erweckbarkeit durch laute direkte Ansprache und Setzen eines ZNS-nahen Schmerzreizes : Einteilung basierend auf der Reaktion in
- Genauere Überprüfung des Vigilanzniveaus mithilfe von GCS und FOUR-Score
- Siehe auch: Vigilanzminderung
- Qualitative Bewusstseinsstörung: Liegt eine Veränderung des Bewusstseins bei der betroffenen wachen Person vor?
- Desorientiertheit
- Zeitlich
- Örtlich
- Zur eigenen Person
- Zur Situation
- Reduzierte Merk- und Erinnerungsfähigkeit
- Auf wiederkehrende Nachfragen der betroffenen Person achten
- Veränderte Psychomotorik
- Person bewegt sich auffällig viel oder wenig
- Wahrnehmungsstörungen
- Insb. optische, akustische oder taktile Halluzinationen
- Denkstörungen
- Person berichtet von Wahnideen (wie Verfolgungswahn)
- Denkzerfahrenheit, Ideenflucht
- Siehe auch: Akute qualitative Bewusstseinsstörung - AMBOSS-SOP
- Desorientiertheit
- Akutes fokal-neurologisches Defizit: Besteht (oder bestand innerhalb der letzten 24 h) ein neu aufgetretenes fokal-neurologisches Defizit?
- Sprech- und Sprachstörungen, bspw.
- Wortfindungsstörungen
- Verwaschene Aussprache
- Verständnisstörungen
- Person versteht nicht, was zu ihr gesagt wird
- Sehstörungen, bspw.
- Blickstörungen, bspw.
- Starrer Blick in eine Richtung
- Abweichende Blickstellung der Augen voneinander
- Veränderungen der Pupillen
- Beidseitige Miosis oder Mydriasis
- Anisokorie
-
Fazialisparese , bspw.
- Hängender Mundwinkel
- Speichelfluss aus einem Mundwinkel
- Unvollständiger Lidschluss
- Unfähigkeit, die Stirn zu runzeln (einseitig oder beidseitig)
- Hemiparese oder Hemiplegie
- Als schnelles Screening eignet sich die fokussierte neurologische Untersuchung, siehe auch: FAST (Neurologie) und BE-FAST
- Siehe auch: Schlaganfall - AMBOSS-SOP
- Sprech- und Sprachstörungen, bspw.
- Status epilepticus: Liegt ein Status epilepticus im Rahmen eines epileptischen Anfalls oder mehrerer Anfälle vor?
- Anfallstypische stereotype Bewegungsmuster mit/ohne erhaltenem Bewusstsein
- Nach dem Anfall Bewusstseinseinschränkungen in der postiktalen Phase möglich
- Meningitisches Syndrom
- Klassische Symptomtrias
- Kopfschmerzen (i.d.R. mit progredienter Intensität in holozephaler Lokalisation)
- Fieber
- Meningismus, siehe auch: Meningismusprüfung
- Siehe auch: Meningitisches Syndrom - AMBOSS-SOP
- Klassische Symptomtrias
- Kopfschmerzen: Liegen relevant behindernde, neu aufgetretene oder exazerbierte Kopfschmerzen vor?
- Siehe auch: Kopfschmerzen - AMBOSS-SOP
- Schwindel: Besteht ein neu aufgetretener Schwindel im Sinne einer Gleichgewichtsstörung?
- Siehe auch: Schwindel - AMBOSS-SOP
- Eigengefährdung (und/oder Fremdgefährdung): Besteht eine akute Eigengefährdung (und/oder Fremdgefährdung) als eigenständige Entität (ohne weitere Notfallleitsymptome)?
Time is brain! Bei akuten neurologischen Erkrankungen ist schnelles Handeln entscheidend für das Ausmaß der Spätfolgen!
Diagnostik
- Basismonitoring: Abweichungen von den physiologischen Werten können sowohl Ursache als auch Folge einer neurologischen Störung sein
- Blutdruck: Hypotonie oder Hypertonie möglich
- Herzfrequenz: Tachykardie oder Bradykardie möglich
- EKG : Vorhofflimmern als mögliche Ursache eines Schlaganfalls
- spO2: Evtl. Hypoxie
- Temperatur: Fieber möglich
- Blutzucker: Hypo- oder Hyperglykämie möglich
- Bildgebende Diagnostik: Je nach Bedarf
Hypo- und Hyperglykämien können Ursache akuter neurologischer Symptome sein. Eine BZ-Messung sollte daher immer vor weiterführender Diagnostik durchgeführt werden!
Die wiederholte klinische Vigilanzprüfung mittels GCS oder FOUR-Skala ist das einzige Monitoring-Instrument, mit dem die Dynamik der Bewusstseinsstörung beurteilt werden kann!
Erstmaßnahmen
- Eingeschränkte Vigilanz: Aspirationsgefahr aufgrund verminderter/erloschener Schutzreflexe beachten
- Beruhigende Kommunikation: Auch Patient:innen, die nicht in der Lage sind zu sprechen, können verstehen, was um sie herum passiert
- Epileptischer Anfall
- Gegenstände in der direkten Umgebung entfernen, an denen sich die betroffene Person verletzten kann
- Ggf. Kopf unterpolstern , um Kopfverletzungen zu vermeiden
- In der postiktalen Phase bewusstlose Patient:innen in die stabile Seitenlage bringen
- Großlumige intravenöse Zugänge legen (lassen) und ggf. Blutentnahme nach ärztlicher Anordnung
- Sauerstoffgabe nach ärztlicher Anordnung
- Arterielle BGA: Durch ärztliches Personal oder über liegenden arteriellen Katheter
- Medikamente nach ärztlicher Anordnung vorbereiten, bspw.
- Zur Anfallsunterbrechung bei epileptischem Anfall
- Lysetherapie bei Schlaganfall nach erfolgtem cCT
Bei V.a. Schlaganfall muss schnellstmöglich eine (CT‑)Bildgebung erfolgen! Anamnese und Untersuchung sollten bei Patient:innen, die potenziell im Thrombolyse- oder Thrombektomiezeitfenster sind, nur wenige Minuten in Anspruch nehmen!
Krankheitsbilder
Im Folgenden sind die häufigsten Ursachen einer akuten „D“-Problematik mit häufigen Krankheitsbildern aufgelistet.
- Durchblutungsstörungen des Gehirns
- Ischämischer Schlaganfall, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Ischämischer Schlaganfall
-
Hämorrhagischer Schlaganfall: Episode neurologischer Dysfunktion infolge einer
- Intrazerebralen Blutung (ca. 10–15% aller Schlaganfälle): Einblutung in das Hirnparenchym, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Intrazerebrale Blutung
- Subarachnoidalblutung (ca. 5% aller Schlaganfälle): Einblutung in den liquorgefüllten Subarachnoidalraum
- Epilepsien und Epilepsiesyndrome
- Stoffwechselentgleisungen, insb.
- Hypoglykämie
- Ausgeprägte Hyperglykämie, siehe auch: Hyperglykämisches Koma
- Siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Diabetes mellitus
- Entzündliche und infektiöse Erkrankungen des zentralen Nervensystems
- Raumfordernde Prozesse im Gehirn
- Psychiatrische Erkrankungen
- Hämodynamische Ursachen
- Ausgeprägte Hypotonie, siehe auch: Schock
- Ausgeprägte Hypertonie, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Erstmaßnahmen bei hypertensiver Entgleisung und hypertensivem Notfall
- Intoxikationen
- Sepsis
Prävention
- Prävention des ischämischen Schlaganfalls
- Risikofaktoren für die Entstehung von Herzkreislauferkrankungen reduzieren
- Konsequente Therapie bekannter Herzkreislauferkrankungen
- Siehe auch: Prävention des Schlaganfalls
- Prävention eines hämorrhagischen Schlaganfalls: Zusätzlich regelmäßige Kontrolle der Gerinnung bei antikoagulierten Patient:innen
- Bei bekanntem Diabetes mellitus: Konsequente Blutzuckereinstellung
- Auf neurologischen und neurochirurgischen Stationen: Engmaschige Kontrolle auf klinische Hirndruckzeichen bei gefährdeten Patient:innen
"E" - Notfallsituationen erweiterter Ursachen (Exposure)
Notfallsituationen der Kategorie „E“ kommen innerklinisch kaum vor. Das „E“ steht im Englischen für „Exposure“ oder „Environment“ und wird im Deutschen häufig mit „erweiterte Ursachen“ oder „Umweltfaktoren“ übersetzt. Wurden die Patient:innen in den bisherigen Kategorien als nicht-kritisch eingeschätzt oder akut bedrohliche Zustände in der entsprechenden Kategorie stabilisiert, wird bei „E“ der Fokus auf das Erkennen von Störungen des Wärmehaushalts und sonstigen Auffälligkeiten im Rahmen der Ganzkörperuntersuchung gelegt. Außerdem wird die Anamnese inkl. vorliegender Vorbefunde vervollständigt und ggf. entsprechende Maßnahmen eingeleitet.
Wichtigste Frage zu „E“: Liegen eine Störung des Wärmehaushalts oder Auffälligkeiten bei der körperlichen Untersuchung vor?
Symptome
- Störungen des Wärmehaushalts
- Hinweise auf unmittelbar bzw. kürzlich zurückliegendes Trauma
- Stichverletzungen
- Schussverletzungen
- Bissverletzungen
- Abschürfungen
- Prellmarken
- Hämatome
- Hautveränderungen
- Verändertes Hautkolorit: Rötung, Blässe, Zyanose
- Verbrennungen
- Erfrierungen
- Blasenbildung
- Ödeme
- Ausschlag, Ekzem
- Petechien
- Dekubitus
- Weitere Auffälligkeiten
- Insektenstiche
- Nadeleinstiche bzw. Einstichnarben
- (Ältere), ggf. infizierte Wunden
- Hinweise auf Vorerkrankungen
- Verbände
- Katheter
- Herzschrittmacher
- Stoma
- OP-Narben
- Transdermale Pflaster
Diagnostik
- Vollständige körperliche Untersuchung
- Grundsätzlich immer komplette Entfernung der Kleidung erforderlich
- Privatsphäre berücksichtigen
- Hypothermie vermeiden : Nutzung von Decken, warmen Räumlichkeiten, Wärmeerhaltungssystemen, Wärmestrahlern, ggf. betroffene Person abtrocknen und weitere Maßnahmen zur Temperaturkontrolle anwenden (bspw. warme Infusionen)
- Untersuchung des Rückens : Achsengerechte Umlagerung nach Log-roll-Konzept
- 4 Personen drehen betroffene Person koordiniert und synchron unter Wahrung einer geraden Achse zwischen Wirbelsäule und Kopf
- Person 1: Kopf stabilisieren und drehen, Kommando zur Drehung geben
- Person 2: Thoraxdrehung
- Person 3: Abdomendrehung
- Person 4: Drehung der Beine
- Ggf. lokale Umlagerungsstandards des Schockraums beachten (insb. bei Polytrauma)!
- Gründliche Anamnese
- Siehe: OPQRST-Schema und SAMPLE-Schema
- Umgebung: Gab es beim Auffinden der betroffenen Person Auffälligkeiten in der Umgebung?
- Alkohol, andere Drogen
- Chemikalien
- Allergene
- Stromkabel
Erstmaßnahmen
- Temperaturmanagement
- Wiederholte Temperaturmessungen
- Hyperthermie → Maßnahmen zur Senkung der Körperkerntemperatur
- Siehe auch: Maßnahmen zur Kühlung
- Hypothermie oder Normothermie → Maßnahmen zum Wärmeerhalt bzw. zur Wiedererwärmung
- Siehe auch: Aktive Wiedererwärmung, passive Wiedererwärmung
- Siehe auch: Reanimation bei Hypothermie
- Nasse oder kontaminierte Kleidung entfernen
- Offene Wunden abdecken
- Bei Verbrennungen siehe: Management von Verbrennungen
Krankheitsbilder
- Störungen des Wärmehaushalts
- Verbrennungen, siehe auch: Stromunfall
- Erfrierungen
- Ertrinken, siehe auch: Ertrinkungsunfall - AMBOSS-SOP
Prävention
Notfallsituationen der Kategorie „E“ können unterschiedlichste Ursachen haben, daher existieren nur wenige allgemeingültige Präventionsmaßnahmen.
- Allgemeine Regeln zur Unfallvermeidung beachten, insb. auch Schutzmaßnahmen am Arbeitsplatz
- Bekannte Allergene meiden
-
Unterkühlung vermeiden
- Angemessen warme Kleidung tragen
- Langes Schwimmen bei kalter Wassertemperatur vermeiden
- Hitzschlag und Sonnenstich vermeiden: Schutz vor Hitze und/oder direkter Sonnenexposition an heißen Tagen
- Sicherheitsmaßnahmen im Umgang mit offenem Feuer und heißen Flüssigkeiten beachten, insb. Kinder niemals unbeaufsichtigt in die Nähe lassen
Notfallkommunikation
Gute Kommunikation und Teamarbeit reduzieren in Notfallsituationen Stress und erhöhen die Patientensicherheit. Im Fokus stehen eine respektvolle Kommunikation aller Beteiligten miteinander, ein angemessener Umgang mit Hierarchiestrukturen sowie eine ruhige und angstfreie Atmosphäre, in der alle Teammitglieder ihre Kompetenzen einbringen können. Sich mit den Grundsätzen der Notfallkommunikation zu beschäftigen, hilft, mögliche Fehlerquellen frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden, und schafft gute Voraussetzungen für eine bestmögliche Teamarbeit.
Grundsätze
- Laut und deutlich sprechen
- Für alle Teammitglieder hörbare Lautstärke
- Langsames Sprechtempo
- Relevante Informationen zeitnah mit allen Teammitgliedern teilen
- Einschätzung der Situation
- Befunde, bspw. beim Abarbeiten des cABCDE-Schemas
- Messwerte
- Zustandsveränderungen
- Fokus auf relevante Informationen legen
- Wichtigste Informationen an erster Stelle
- Beschränkung auf die wichtigsten Informationen, keine Redundanzen
- Sachliche Kommunikation anwenden
- Keine durch negative Emotionen geprägte Kommunikation
- Keine Beeinflussung der Zusammenarbeit durch Sympathie und Antipathie zwischen den Teammitgliedern
- Informationen einfordern und bei Unklarheiten nachfragen, bspw.
- Auskultationsbefund nach einer Intubation bei der zuständigen Person erfragen
- Monitorwerte, wenn diese nicht selbst eingesehen werden können
- Unvollständige ärztliche Anordnung, insb. bei Medikamentenanordnungen ohne genaue Dosierungen
- Auf Fehler aufmerksam machen
- Häufig besteht eine hohe Hemmschwelle, die durch eine (starre) Hierarchie verstärkt wird
- Sachlich und wenn möglich mit Lösungsvorschlag
- Wird ein Fehler bemerkt, aber nicht darauf aufmerksam gemacht, tragen alle Personen, die nicht auf den Fehler aufmerksam gemacht haben, eine Mitverantwortung für mögliche Folgen
- Klare Ansprache
- Person mit Namen direkt ansprechen
- Ungerichtete Formulierungen vermeiden
- Keine Abkürzungen benutzen
- Klare, eindeutige und präzise Begriffe verwenden
- Krankheiten, Untersuchungen, Diagnosen und Medikamente immer beim vollständigen Namen nennen
- Nie davon ausgehen, dass alle Teammitglieder dieselben Abkürzungen kennen , bspw.
- „HWI“ kann Hinterwandinfarkt oder Harnwegsinfekt bedeuten
- Mit „Dipi“ ist je nach Kontext Dipidolor® oder Dipiperon® gemeint
- Respektvolle und wertschätzende Atmosphäre schaffen
Die Grundsätze der Kommunikation sollten von allen Teammitgliedern, unabhängig von der Position im Team, umgesetzt werden!
Team Time-out (10 for 10)
Das Team Time-out wird genutzt, um die aktuelle Situation mit allen Teammitgliedern zu besprechen und den weiteren Ablauf der Versorgung zu planen. Dies ist insb. dann hilfreich, wenn viele Dinge gleichzeitig geschehen und der Überblick über die Gesamtsituation verloren geht. Ein Team Time-out sollte von allen Teammitgliedern eingefordert werden, wenn das Gefühl besteht, dass es nötig ist. Häufig geschieht dies durch den/die Teamleiter:in. Da Zeit in Notfallsituationen wertvoll ist, wird häufig das Prinzip „10 for 10“ genutzt: Das Team Time-out dauert ca. 10 s und hat das Ziel, das Vorgehen für die nächsten 10 min zu planen.
- Ablauf
- Ein Teammitglied fordert (für alle anderen hörbar) ein Team Time-out
- Alle Teammitglieder unterbrechen ihre Arbeit
- Lebensnotwendige Maßnahmen wie Intubation, Beatmung und Thoraxkompressionen werden selbstverständlich nicht unterbrochen
- Inhalt
- Wie ist die aktuelle Situation?
- (Weiterhin) Kritisch?
- Neue Informationen
- Neu aufgetretene Probleme
- Eingetretener bzw. ausbleibender Behandlungserfolg
- Ggf. neue Arbeitsdiagnose basierend auf aktuellen Befunden
- Alle Teammitglieder werden gefragt, ob
- (Neue) Ideen für die weitere Behandlung aufgekommen sind
- Unklarheiten bestehen
- Weitere Maßnahmen werden geplant und an die Teammitglieder verteilt
- Wie ist die aktuelle Situation?
- Ziel
- Alle Teammitglieder wissen über die aktuelle Situation Bescheid
- Alle weiteren Aufgaben sind klar priorisiert und verteilt
Nachbesprechung
Nach jeder stressigen oder unübersichtlichen Situation, die eine besondere Teamarbeit erfordert hat, sollte eine Nachbesprechung mit allen Teammitgliedern erfolgen. Im Krankenhaus ist dies zeitlich oft schwierig, da anschließend weitere Patient:innen versorgt werden müssen. Dennoch sollte mind. eine kurze Nachbesprechung mit so vielen Teammitgliedern wie möglich stattfinden. Die Nachbesprechung dient der gemeinsamen Reflektion und dem Sammeln von Erkenntnissen aus der Situation. Sie kann von allen Teammitgliedern initiiert bzw. eingefordert werden, häufig geschieht dies durch den/die Teamleiter:in.
- Inhalt einer Nachbesprechung
- Situation zusammenfassen
- Was hat besonders gut funktioniert?
- Wo besteht Verbesserungspotenzial?
- Raum für Gefühle der Teammitglieder
Closed-Loop-Kommunikation
- Definition: Kommunikationsstrategie, die sicherstellt, dass wichtige Informationen, die zwischen zwei oder mehr Personen ausgetauscht werden, korrekt verstanden werden
- Grundlage ist das Sender-Empfänger-Modell
- Sender:in sagt etwas zu einer anderen Person (Empfänger:in)
- Angesprochene Person (Empfänger:in) wiederholt das Gesagte mit allen relevanten Details und versichert sich so, dass er/sie alles richtig verstanden hat
- Andere Person (Sender:in) bestätigt Korrektheit der wiederholten Informationen
- Beispiel für einen Closed-Loop
- Ärztin (Senderin): „Mara, gib Frau Meyer bitte 1 mg Adrenalin i.m. und 500 mg Prednisolon i.v.“
- Pflegefachkraft vor der Applikation (Empfängerin): „Ich spritze Frau Meyer 1 mg Adrenalin i.m. und gebe 500 mg Prednisolon i.v.“
- Ärztin: „Korrekt.“
- Pflegefachkraft nach der Applikation (jetzt Senderin): „Adrenalin 1 mg i.m. und Prednisolon 500 mg i.v. sind appliziert.“
- Ärztin (jetzt Empfängerin): „Verstanden, Adrenalin und Prednisolon sind appliziert.“
- Ergebnis: Über die Closed-Loop-Kommunikation haben sich Senderin und Empfängerin rückversichert, dass die Information jeweils korrekt angekommen ist
- Rückversicherung durch Empfänger:in: Bei mündlichen und insb. telefonischen Anordnungen immer sinnvoll
Jede Person, die eine relevante Information mit anderen teilt, muss sichergehen, dass diese auch gehört und inhaltlich verstanden wurde!