Zusammenfassung
Die Hauptziele der Pflege bei Infektionskrankheiten umfassen die konsequente Infektionsprävention zum Schutz von Patient:innen und Personal, die Förderung der Genesung durch symptomorientierte Maßnahmen und die Aufklärung von Betroffenen und Angehörigen.
Zentral sind strikte Hygienemaßnahmen gemäß etablierten Hygieneplänen: Dazu gehören v.a. die korrekte Händedesinfektion, der situationsgerechte Einsatz von persönlicher Schutzausrüstung sowie die regelmäßige Reinigung und Desinfektion der patientennahen Umgebung. Abhängig vom spezifischen Erreger und dessen Übertragungsweg sind erweiterte Schutzmaßnahmen, ggf. bis hin zur Isolation, notwendig – dies gilt insb. im Umgang mit multiresistenten Erregern (MRE).
Darüber hinaus sind die sorgfältige Beobachtung von Vitalparametern und spezifischen Infektionszeichen, die Unterstützung bei der medikamentösen Therapie , eine an die Situation angepasste Ernährung sowie eine empathische Beratung zu Hygieneverhalten und präventiven Maßnahmen wesentliche Bestandteile der pflegerischen Tätigkeit.
Grundlagen
Infektionslehre
- Krankheitserreger: Können Infektionen auslösen
- Übertragungswege und häufige Erreger/Infektionskrankheiten
- Tröpfcheninfektion, bspw.
- Kontaktinfektion
- Enterohämorrhagische Colitis (EHEC)
- Clostridium-difficile-assoziierte Diarrhö (CDAD)
- Hepatitis A
- Hepatitis B und Hepatitis C
- HIV
- Salmonellen
- Aerogene Übertragung
- Kombinierte Übertragungswege
- Siehe auch: Allgemeine Infektiologie
Infektionsschutzgesetz
- Ziele
- Vorbeugen von Erkrankungen
- Frühzeitiges Erkennen von Infektionen
- Verhindern einer Weiterverbreitung
- Meldepflichtige Erkrankungen: Namentlich oder nicht-namentlich
- Müssen von ärztlichem Personal oder Labor übermittelt werden
- Bspw. nosokomiale Infektionen, HIV, Masern, Mumps, Milzbrand
- Siehe auch: Infektionsschutzgesetz
Bedeutung und Zielsetzung der Pflege
- Infektionsprävention: Vermeidung einer Übertragung der Erreger
- Patientenschutz: Vermeidung von Komplikationen
- Förderung der Genesung: Durch symptomorientierte Pflege und saubere Umgebung
- Schutz des Pflegepersonals: Verhindern von Ansteckungen
- Aufklärung und Beratung: Vermittlung von Hygienemaßnahmen an Patient:innen und Angehörige
- Förderung des Wohlbefindens: Linderung von Beschwerden wie Schmerzen oder Fieber
- Psychosoziale Unterstützung: Umgang mit Angst, Isolation, Deprivation
Beobachten/Überwachen
- Vitalparameter
- Atemfrequenz
- Herzfrequenz
- Blutdruck
- Temperatur
- Haut: Auf Hautveränderungen achten
- Ausscheidungen, insb.
- Anzeichen für Harnwegsinfektionen
- Diarrhö
- Erbrechen
- Flüssigkeitsbilanzierung: Insb. bei Fieber, Erbrechen, Diarrhö
Medikamentöse Therapie und Ernährung
- Medikamentöse Therapie
- Antibiotikatherapie: Bei bakteriellen Infektionen, siehe auch: AMBOSS-Pflegewissen: Pflege bei Antibiotikatherapie
- Ernährung
- Ausreichende Flüssigkeitszufuhr sicherstellen
- Bei Appetitlosigkeit: Wunschkost und ggf. mehrere kleine Mahlzeiten anbieten
- Bei Entzündungen im Mund: Weiche, säurearme, ggf. passierte Kost anbieten
- Bei Antibiotikatherapie: Wenig Milchprodukte
Hygiene
- Grundsätzlich
- Verfügbare Hygienepläne nutzen
- Ausbreitung durch gründliche Hygienemaßnahmen verhindern
- Ggf. Maßnahmen zur Isolierung durchführen
Allgemeine Hygienemaßnahmen
- Händehygiene
- Hände gründlich desinfizieren
- Indikationen beachten, siehe auch: 5 WHO-Indikationen der Händedesinfektion
- Bei sichtbarer Verschmutzung: Hände waschen, danach desinfizieren
- Siehe auch: Hygienische Händedesinfektion
- Barrieremaßnahmen
- Bei Pflege von Personen mit Infektionskrankheiten Schutzkittel tragen
- Bei möglichem Kontakt mit Blut, Sekreten oder infektiösem Material Handschuhe tragen
- Bei Gefahr spritzender Körperflüssigkeiten zusätzlich Mund-Nasen-Schutz und ggf. Schutzbrille verwenden
- Umgebungsmanagement
- Patientennahe Flächen regelmäßig reinigen und desinfizieren
- Pflegeutensilien nach Gebrauch korrekt aufbereiten/desinfizieren
- Sanitäre Anlagen: Abwassersysteme häufig mit Erregern kontaminiert
- Pflegeutensilien nicht am Waschbecken lagern
- Waschbecken nicht zur Entsorgung von Schmutzwasser nutzen
- Toilettendeckel vor dem Spülen schließen
- Abfallentsorgung
- Medizinischer Abfall und benutzte Materialien sicher entsorgen
- Abfalltrennung und Hygienevorgaben beachten
- Schutz vor Stich- und Schnittverletzungen
- Wiederverwendung oder „Re-Capping“ von Nadeln unterlassen
- Produkte mit Sicherheitsmechanismen verwenden
- Nach Gebrauch in geeigneten Behältern entsorgen
- Husten- und Niesetikette
- Mund und Nase der niesenden/hustenden Person mit einem Einmaltuch bedecken
- Tuch sofort entsorgen, anschließend Hände desinfizieren
- Mindestens 1 m Abstand zu anderen Personen einhalten
Diese Maßnahmen gelten auch unabhängig von Infektionskrankheiten!
Hygienemaßnahmen nach Übertragungsweg
- Kontaktinfektion
- Handschuhe und Schutzkittel tragen
- Zusätzliche Händedesinfektion nach Verlassen des Zimmers
- Einzelzimmer oder Kohortenisolation
- Patientenbezogene Geräte und Utensilien
- Tröpfcheninfektionen: Zusätzlich zu den Maßnahmen bei Kontaktinfektion
- Aerogene Infektionen: Zusätzlich zu den Maßnahmen bei Kontaktinfektion
- FFP2/FFP3-Masken und ggf. Schutzbrille
- Einzelzimmer mit Schleuse
- Kombinierte Übertragungswege: Kombination der jeweiligen Schutzmaßnahmen
- Unklare Erregerlage: Strengste Schutzmaßnahmen wählen
Erregerspezifische Maßnahmen
Maßnahmen bei speziellen Infektionskrankheiten/Erregern
Maßnahmen bei speziellen Infektionskrankheiten | ||
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Infektionskrankheit/Erreger | Isolation + persönliche Schutzausrüstung (Schutzkittel, Einmalhandschuhe) | Spezielle Maßnahmen |
Influenza | Ja |
|
Clostridium-difficile-assoziierte Diarrhö (CDAD) | Ja |
|
Hepatitis A | Ggf. ja | — |
Hepatitis B und C | Nein |
|
HIV | Nein |
|
Masern | Ja |
|
Norovirus | Ja |
|
Tuberkulose | Ja |
|
Salmonellen | Nein, ggf. Umkehrisolation bei stark immunsupprimierten Patient:innen |
|
Windpocken | Ja |
|
Meningokokken-Infektionen | Ja, endet i.d.R. 24 h nach erstmaliger Antibiotikagabe |
Neben den spezifischen Hygienemaßnahmen bei den verschiedenen Erkrankungen müssen immer alle Maßnahmen der Basishygiene eingehalten werden!
Multiresistente Erreger (MRE)
- Arten
- Allgemeine Maßnahmen
- Information an alle Versorgenden und Hygienebeauftragte
- Anleitung Betroffener und ggf. Angehöriger zum Vorgehen
- Ggf. Benachrichtigung von vorherigen und nachfolgenden Patient:innen im selben Zimmer
- Umsetzung der Hygienepläne
- Ggf. Behandlung oder Sanierung
- Im Krankenhaus i.d.R. Isolationsmaßnahmen
- Siehe auch: Multiresistente Erreger
Es darf keine Kohortenisolation von Betroffenen mit 3MRGN und 4MRGN durchgeführt werden!
Maßnahmen bei MRSA
- MRSA-Therapie: Nur bei Infektion, Antibiotikatherapie
- Dekolonisation: I.d.R. über 5–7 Tage , siehe auch: Hygiene-Aspekte bei MRSA
- Nase: 3×/d spezielle antibiotische Nasensalbe über 5 Tage in der Nase auftragen
- Rachen: 3×/d antiseptische Mundspülung für 5 Tage zum Gurgeln verwenden
-
Haut
- 1×/d Haar- und Körperwaschung mit antiseptischer Waschlotion durchführen
- Keine Pflegeprodukte mit Hautkontakt verwenden
- Einwegpflegeutensilien verwenden
- 1×/d Bett frisch beziehen und Matratze desinfizieren → Schutzkittel und Handschuhe wechseln → Pflegeutensilien desinfizieren
- Entlassung/Verlegung: Nachfolgend versorgende Einrichtung informieren
- Pflegeheim
- Möglichst in Einzelzimmer unterbringen
- Voraussetzung: Kein erhöhtes Risiko bei der versorgenden Pflegefachperson
- Pflegemaßnahmen möglichst zum Schluss durchführen
- Pflegemaßnahmen im Bewohnerzimmer durchführen
- Teilhabe am Bereichsalltag möglich; zuvor Händedesinfektion durchführen (lassen) und Wunden abdecken
- Schutzausrüstung bei Pflegemaßnahmen tragen
- Ambulante Pflege
- Betroffene Person zuletzt versorgen
- Aufklärung über nötige Hygienemaßnahmen durchführen
- Schutzausrüstung tragen; Schutzkittel bleibt in Wohnung
- Schutzkittel mind. 1×/Woche wechseln
- Wäsche und Geschirr bei mind. 60°C waschen (in Waschmaschine bzw. Geschirrspüler)
Die für MRSA geltenden Hygienemaßnahmen werden auch bei den restlichen multiresistenten Erregern angewandt!
Prävention und Beratung
Prävention
- Primäre Infektionsprophylaxe
- Impfungen für Personal und Patient:innen (bspw. Masern, Influenza, Hepatitis B)
- Screening bei Risikogruppen (bspw. MRSA-Screening, siehe auch: MRSA - Diagnostik)
- Schulungen und Hygieneunterweisungen im Team
- Umsetzung des Hygieneplans nach hausinternen Vorgaben
- Pflegebezogene Folgeprophylaxen , insb.
Kommunikation und Beratung
- Aufklärung von Patient:innen und Angehörigen
- Für Hygienemaßnahmen sensibilisieren
- Zu hygienischer Desinfektion und Verwendung von Schutzkleidung anleiten
- Kommunikation mit Betroffenen
- Empathische, verständliche und klare Gesprächsführung
- Eingehen auf psychische Belastung
- Beratung: Präventive Maßnahmen erläutern